Rangun - Ein europäischer Diplomat hat die vom herrschenden Militärregime unterdrückte burmesische Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi dazu aufgerufen, sich an den von den Machthabern für 2010 in Aussicht gestellten Wahlen zu beteiligen. Das berichtete am Samstag der prominente NLD-Politiker Win Tin, der Ende September nach fast zwanzig Jahren Haft freigelassen worden war. Die NLD hatte die Wahlen zu einer Verfassunggebenden Nationalversammlung 1990 mit Vierfünftelmehrheit gewonnen, doch hatten die Militärs den Urnengang annulliert und die Machtübergabe an eine Zivilregierung verweigert.

Der italienische Diplomat Attilio Massimo Iannucci traf in der Botschaft seines Landes in Rangun mit Win Tin zusammen. Der 79-jährige burmesische Politiker begründete den Argwohn seiner Partei damit, dass das Militär de facto weiter die Kontrolle im Land behalten werde, unter anderem mit 25 Prozent der Parlamentssitze, wie in der neuen Verfassung festgelegt. Suu Kyi steht seit Jahren unter Hausarrest; sie darf sich nicht zur Wahl stellen und auf Lebenszeit keine politischen Ämter ausüben.

Pflichtmitgliedschaft

Ein Mitglied der vom Militär gesteuerten Massenorganisation USDA bestätigte unterdessen, dass aus der Bewegung zwei Parteien für die Wahlen hervorgehen sollen. Damit will das Militär weitere Sitze im Parlament gewinnen. In der USDA besteht Pflichtmitgliedschaft für alle Beamten und Studenten. Nach ihren Angaben sind angeblich 24 Millionen der 56 Millionen Einwohner Mitglieder der Organisation. Juntachef Generalissimus Than Shwe versprach den USDA-Mitgliedern am Freitag auf ihrem Jahreskongress in der neuen Hauptstadt Naypyidaw, das Zeitalter der "neuen Nation" breche bald an.

Die neue Verfassung des südostasiatischen Landes, das nach dem Willen der Diktatur auch in Fremdsprachen "Myanmar" genannt werden muss, zementiert die Macht der Armee, die sich 25 Prozent der Parlamentssitze vorbehält. Damit ist eine Verfassungsänderung gegen ihren Willen ausgeschlossen, weil dafür mehr als 75 Prozent der Abgeordnetenstimmen nötig sind. Die Verfassung ersetzt die 1988 außer Kraft gesetzte, die 1974 unter der Diktatur von General Ne Win erlassen worden war. Burma wird seit 1962 vom Militär regiert.

Vor über einem Jahr hatten buddhistische Mönche in Burma friedliche Massenproteste angeführt, die das Regime blutig niederschlagen ließ. Zeitweise hatten in mehreren Städten täglich mehr als 150.000 Menschen gegen die Diktatur demonstriert, der schwerste Menschenrechtsverstöße zur Last gelegt werden, insbesondere Zwangsarbeit, Folter, brutale Verfolgung von ethnischen Minderheiten und Missbrauch von Kindersoldaten. In Burma habe sich die Zahl der politischen Gefangenen innerhalb eines Jahres fast verdoppelt, berichteten der Hilfsverein für politische Gefangene AAPP und die US-"Kampagne für Burma" in Bangkok. (APA/dpa)