Das italienische Autorenpaar Monaldi & Sorti ist Meister in der Verbindung von historisch verbürgten, wenn auch oft verdrängten Fakten und Fiktion. Im neuen Opus erzählt der Ziehsohn von Leonardo da Vinci aus der Perspektive von "unten" vom Rom-Aufenthalt seines Meisters. Die Tradition des Schelmenromans wird wieder aufgegriffen: Salaì, neugierig, verfressen und schlau, ist immer zu sexuellen Abenteuern bereit. Gern macht er sich über seinen unbeholfenen Meister und Gelehrtenfreund lustig. Der Hintergrund ist ein ernster. Im Grunde geht es darum, wie Geschichtsschreibung für politische Zwecke manipuliert wird. Und, wie im Falle der Germania von Tacitus, Schriften schlicht gefälscht wurden, um ein Gegenbild zu den so bösen rezenten Zeiten zu haben. Monaldi und Sorti haben gründlichst recherchiert und irritierende Fakten zutage gefördert.

Boccaccio-Erzählung

Etwa der schlechte Leumund des Borgia-Papstes Alexander: der beruht zum Großteil auf der Gegenpropaganda in Deutschland; so wurde gezielt für die Reformation und gegen den katholischen Klerus Stimmung gemacht. Salaì begegnet in Rom geheimen Bünden - an ihrer Spitze der ruchlose Schreiber des Papstes, Johannes Burkard, der eine Boccaccio-Erzählung plagiierte, um dem Papst zu schaden. Der Anhang mit den Quellen ist mindestens so spannend wie die Intrigen in Rom: ein intellektueller Genuss im Gewande eines historischen Krimis und eine Aufforderung an Historiker, mehr Quellenforschung zu betreiben. (Ingeborg Sperl/Album, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.11.2008)