Foto: Big Dada / Hoanzl

Der UK-Rap-Star Roots Manuva gastierte in Wien. Seine Sehschlitze waren live noch ein wenig enger als sonst.

Foto: Standard

Wien - Ein im HipHop oft bemühter Slogan lautet "Two turntables and a microphone". Das bedeutet, dass es wenig mehr bedarf als eines fixen Paares Hände an den Plattenspielern und zungenflotter Wortakrobatik, um eine Block-Party zu rocken. Auch wenn Roots Manuva, der erfolgreichste HipHopper Englands, geringfügig mehr als diese Minimalausstattung in die Arena brachte, konnte er mit seinem wenig lebendigen Auftritt nur bedingt spannende Ergebnisse erzielen.

Mit seinem 1999 erschienenen Debütalbum Brand New Second Hand war der aus Stockwell in South London stammende Roots Manuva hauptverantwortlich für die Etablierung von UK Rap als eigenständiger, von den US-Blaupausen emanzipierter Kunstform. Bis heute gilt er als der Übervater des Genres. Obwohl der als Rodney Smith geborene Allrounder mit derlei Schubladen nur wenig anfangen kann: "It's all electronica, you know", meint er in Interviews. Und so steht er als Produzent für einen Schmelztiegel-Sound, der Tradition mit der Zukunft, seine eigenen jamaikanischen Wurzeln mit zeitgenössischen Beats kurzschließt.

So verschmelzen in seiner Musik buntgestreute Charakteristika aus Dub, Reggae oder Dancehall mit sinistren Klanglandschaften aus dem Rechner und abstrakt verstolperter Elektronik. Mit seinem freigeistigen Ansatz wird Roots Manuva auch als Wegbereiter für verwandte Künstler wie den britischen Reimespucker Dizzee Rascal oder Mike Skinner alias The Streets gesehen.

Müde Blicke, süße Schwaden

Von der Kraft seiner teilweise großartigen Platten ließ Roots Manuva live jedoch nur wenig erahnen. Während im Bühnenhintergrund ein etwas blasser DJ und ein Mann an nicht näher definierbarem Kabelwerk und elektronischer Gerätschaft agierten, spielte er seinem Sidekick Ricky Ranking mit müdem Blick die Bälle zu.

Sympathisch zwar, aber wie aus dem Schlaf gerissen auf die Bühne hingestellt, versah Roots Manuva Dienst nach Vorschrift, kommunizierte brav mit dem Publikum und bemühte Klischees: Die Ladys in Vienna seien beautiful, die mitunter durch den Raum wehenden, süßlichen Rauchschwaden der Bewusstseinserweiterung wurden mit einer augenzwinkernden Frage nach deren möglicher Herkunft quittiert.

Mit wenigen Ausnahmen wie Roots Manuvas wohl größtem Hit Witness (1 Hope) oder das aktuelle, um einen Bläserloop herumarrangierten Again & Again, ertrank die komplexe Klangarchitektur seiner Platten in einem gleichmachenden, feierlaunigen Schunkelsound, was dem Kopfnicken im Publikum nichts anhaben konnte. Vermutlich sollte der Abend weniger als Konzert, sondern vielmehr als großer Party-Jam begriffen werden - mit mattem Gastgeber.

Leicht möglich, dass zuvor Backstage eine lustige Zigarette ihre Runden gedreht hat. (Philipp L'Heritier/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29./30.11.2008)