"Was glaubst du, wie das mit dem Straßenbahnfahren war, als meine Tochter ausgerutscht ist und ihr Aug' blau-grün-gelb war? Die haben mich da drin angeschaut, als wäre ich die Horrormutti." Erzählte meine Kollegin unlängst.

Vorweg eines: Es geht dem Wurm eh gut. Er hat (noch) kein blau-grün-gelbes Auge, aber eine unschöne Druckstelle auf dem sonst entzückenden linken Bäckchen. Und in der Mitte eine rote Nase. Diese resultiert nicht aus der Kälte.

Der Wurm wird nächste Woche zwar erst ein halbes Jahr alt, aber er robbt, krabbelt und - halten Sie sich fest (was er mitunter leider nicht tut) - er steht. Er zieht sich überall rauf, am Gitter seines Bettes, an Sofas, an Sesseln, Couchtischen, Kästen, CD-Regalen. Dort steht er dann, wackelt herum, wie betrunken von seinem Erfolg, schaut triumphierend um sich. Er steht. Manchmal eine halbe Stunde. Oder eine halbe Minute. Dann fällt er um. Hinsetzen ist in seinem Konzept der individualmotorischen Welteroberung noch nicht enthalten.

Wir versuchen unser Bestes. Wachen neben ihm, platzieren Pölster, unterbrechen ärgere Hasardstücke präventiv. Nicht immer gelingt die Sturzvermeidung. Wir leiden noch, wenn er, Dickkopf und Indianer, längst mit dem Heulen aufgehört hat und sich wieder irgendwo raufzieht.

Woher der Wurm seine Risikoaffinität hat, ist mir ein Rätsel. Ich selbst habe vor Jahren nach lediglich fünf Motorrad-Stürzen gemerkt, dass das nichts mehr für mich ist. (szem/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.11.2008)