Wien - Die Telekom-Regulierungsbehörde RTR fordert zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich von Telekomfirmen und Staat einen massiven Ausbau des Festnetzes. Dabei sollen die Unternehmen zusammenarbeiten und der Staat sich über PPP-Modelle ("Public Private Partnership") beteiligen. Wichtig sei die Einbindung der "passiven Infrastruktur", also von Schächten, Leerverrohrungen, ungenützten Glasfaserkabeln, etc. Die RTR stehe hier gerne als Kompetenzzentrum zur Verfügung, so RTR-Chef Georg Serentschy.

Dass im Festnetz kein Geld mehr zu verdienen sei, stimme nicht. Dies würden Länder wie Südkorea belegen, wo das erdgebundene Netz erheblich ausgebaut wurde und das Handy lediglich eine Zusatzausrüstung darstelle. Dass die Festnetzfirmen über Kundenschwund klagten, sei neben dem zu geringen Geschwindigkeitsvorteil des Festnetz-Internetzuganges gegenüber der mobilen Breitbandlösung auch eine Folge mangelnder neuer Dienste wie Fernsehen über das Internet ("IPTV") oder digitale Videotheken. Das Ergebnis sei, dass es heuer zu Jahresende bereits eine Million mobiler Breitband-Internetzugänge gebe und damit die Zahl der DSL-Anschlüsse überschritten werde.

Nachholbedarf ortet Serentschy auch beim Kundenservice. Mit erwarteten 5.400 Beschwerdefällen verzeichnete die dafür zuständige RTR heuer einen Rekord. Insbesondere Probleme beim Breitband-Roaming und beim Überschreiten der Downloadlimits beschäftigen die Behörde, während die Beschwerden über Missstände bei Mehrwert-SMS zurückgingen. Allein zehn Prozent aller Streitschlichtungsfälle 2008 entfallen auf den Anbieter MyPhone. Serentschy appellierte an die Kunden, nicht einfach ungewollte Rechnungen zu bezahlen, sondern das Rücktrittsrecht zu nutzen. Außerdem sollten die Kunden ihre Rechnungen regelmäßig kontrollieren.

Änderungen bei Entgelten

Für das kommende Jahr erwartet Serentschy Änderungen bei den Terminierungsentgelten - also den Gebühren, die sich die Telekomanbieter für die Übergabe eines Gesprächs untereinander verrechnen. Das derzeitige System bevorzugt das Festnetz - ungerechtfertigt, wie Experten meinen. Eine Einigung sei aber nur auf europäischer Ebene möglich, denn würde ein Land vorziehen, wäre dieses bei der Terminierung internationaler Telefonate benachteiligt, betonte die Behörde. Sprich, die ausländischen Anbieter müssten für ein Gespräch nach Österreich weniger zahlen als ein heimischer Telco, der ein Gespräch an einen ausländischer Mitbewerber übergibt.

Als großen Technologieschub erwartet sich Serentschy die Einführung der Nachfolgegeneration von UMTS. Hier sei aber Geduld gefordert, einen Massenmarkt werde es wohl nicht vor 2015 geben. Umso wichtiger sei es, nun das Festnetz weiter auszubauen, sprich die Glasfaserkabeln näher zu den Haushalten zu bringen. Ansonsten würde der Wirtschaftsstandort "Kopf und Kragen verlieren", so der leidenschaftliche Appell des RTR-Bosses.

Ein ziemlich unbeackertes Feld der RTR ist bisher der Postsektor. Die Postliberalisierung würde sich derzeit auf den Stand der Telekomliberalisierung von 1996 befinden, so Serentschy. Um den Markt für die Vollliberalisierung im Jahr 2011 vorzubereiten, bedürfe es Regulierungszielen, die im Postmarktgesetz festgelegt werden müssten. Dieses soll laut dem Postgipfel von vergangener Woche im ersten Halbjahr 2009 kommen.

Tschuden weist Vorwürfe zurück

Der Finanzvorstand der Telekom Austria (TA), Hans Tschuden, hat die Personalabbau-Pläne und die Dividendenpolitik seines Unternehmens verteidigt. "Es ist absurd zu behaupten, dass wir das Festnetz aushungern", wies Tschuden den Vorwurf unzureichender Investitionen im Festnetzbereich zurück.

Man habe in den Jahren 2003 bis 2007 insgesamt 1,5 Mrd. Euro ins Festnetz investiert und heuer weitere 250 Mio. Euro, rechnete Tschuden vor. Zusammen mit dem Mobilfunk-Bereich hätten sich die Investitionen heuer auf 800 Mio. Euro belaufen. (APA)