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In der Augenheilkunde gibt es neue Innovationen, die bessere Früherkennung und Behandlung von schweren Krankheiten ermöglichen

Foto: APA/dpa/Friso Gentsch

Wien - "Die Augenmedizin macht derzeit rasante Fortschritte, es ist äußerst spannend, an diesen Entwicklungen mitzuwirken", sagt Ursula Schmidt-Erfurth, Vorstand der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie in Wien. Die international renommierte Netzhautspezialistin lädt am kommenden Wochenende bereits zum fünften Mal Experten aus aller Welt zu einem Informations- und Erfahrungsaustausch über wissenschaftliche Pionierleistungen zur Klärung der Entstehung verbreiteter Augenerkrankungen ebenso wie über innovative Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten ein (ART-Kongress, Anm.). "Hier steht heute ein High-tech Arsenal an Möglichkeiten zur Verfügung, die vor einigen Jahren noch nicht einmal vorstellbar waren - von der Gentherapie über mikrochirurgische Operationsmethoden bis hin zum hochauflöslichen Augen-CT", so die Chefin der Wiener Universitätsaugenklinik.

Augen-CT: Scharfer Blick ins Augeninnere

In der Augenheilkunde stehen heute immer genauere Untersuchungsmethoden zur Verfügung. Die Entwicklung und ständige Weiterführung der optischen Kohärenztomographie (OCT) hat die Diagnosemöglichkeiten in der Augenheilkunde regelrecht revolutioniert. „Mittels Augen-CT lassen sich heute Augenerkrankungen optimal diagnostizieren - häufige ebenso wie seltene", sagt Schmidt-Erfurth. Die Früherkennung erlaube eine rechtzeitige maßgeschneiderte Therapie - von modernen Medikamenten, die direkt ins Auge eingebracht werden, über schonende Operationen bis hin zur Gentherapie, die eine viel versprechende künftige Option darstellt.

All das bringt besonders für die Früherkennung wesentliche Fortschritte, sagt Matthias Bolz, Experte für Bildgebung an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie: "Der umfassende hochaufgelöste Blick in die Netzhaut und andere Augenstrukturen bringt einen enormen Informationsgewinn und viele Vorteile bei allen wichtigen Erkrankungen des Auges. Denn das ermöglicht uns, viel früher als mit herkömmlichen Methoden den individuellen Stand der Krankheitsentwicklung festzustellen und danach einen speziell auf den einzelnen Patienten zugeschnittenen Therapieplan zu entwickeln."

Früherkennung von schweren Krankheiten

Das gilt zum Beispiel für die häufigen altersbezogenen Erkrankungen, die auf eine Degeneration des Sehpigments zurückzuführen sind. Je früher sich der Status der krankhaften Veränderung bildlich darstellen lässt, desto früher können effektive Therapien einsetzen. Ähnliches gilt auch für weit verbreitete Gefäßerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Thrombosen, die immer auch das Auge mit betreffen: Diabetes ist die zweithäufigste Ursache für Erblindungen. Neue Hoffnung bringen die modernen bildgebenden Verfahren auch bei den gefürchteten Augentumoren. Das Melanom im Auge ist besonders gefährlich, weil es mit herkömmlichen Methoden oft erst in einem kaum mehr therapierbaren Stadium entdeckt werden kann. Mit Augen-CT lässt es sich so früh feststellen, dass ein Überleben Betroffener sowie das Erhalten des Augenorgans und des Sehvermögens eine reale Perspektive haben.

Technik aus Österreich

Bei operativen Eingriffen ist die präzise Bildgebung wichtig für die Therapieentscheidung und Prognose - so lässt sich im Vorhinein besser abschätzen, ob die Operation im Einzelfall nötig und zweckmäßig und wie sie am besten durchzuführen ist. An der Entwicklung dieser modernen bildgebenden Methoden war die Universitätsaugenklinik in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Physik an der Medizinischen Universität Wien wesentlich beteiligt. An der Wiener Augenklinik werden diese modernen Geräte bereits routinemäßig angewendet, in letzter Zeit finden sie auch eine zunehmende Verbreitung in anderen Krankenhäusern in Österreich.

Gentherapie: Am Auge erstmals klinisch erfolgreich

Den aktuellsten therapeutischen Fortschritt in der Augenheilkunde stellen Studien über die erstmalige erfolgreiche Anwendung der Gentherapie am Menschen dar, die beim ART-Kongress in Wien vorgestellt und diskutiert werden. "Interessant ist, dass die Gentherapie von allen medizinischen Disziplinen am Auge offensichtlich am erfolgreichsten ist", sagt Schmidt-Erfurth.

Bei Gentherapien werden Patienten in der Regel Körperzellen entnommen und das defekte Gen der Zelle durch ein funktionierendes ersetzt. Anschließend werden die funktionierenden Zellen wieder in den Körper eingebracht. Bei anderen Organsystemen hat es sich in der Praxis als sehr schwierig erwiesen, die neuen Gen-Kopien an der richtigen Stelle im Körper zu platzieren, beim Auge ist dies sehr gut möglich, da das genetische Material direkt in das Auge eingebracht und an die krankhaften Zellen weitergegeben werden kann.

Erste Erfolge in den USA

Die ersten Erfolge gentherapeutischer Augenbehandlungen, über die der Experte Jean Benett (Philadelphia) berichtet, konnten von mehreren Forschergruppen bei der so genannten Leberschen kongenitalen Amaurose (LCA) erzielt werden, einer fortschreitenden erblichen Netzhautkrankheit, die schon in jungen Jahren zur Erblindung führt. Auslöser ist ein Defekt des Gens RPE65.

Ein Routineeinsatz des im Moment noch experimentellen Verfahrens ist derzeit noch nicht möglich, es ist aber damit zu rechnen, dass schon in den nächsten Jahren Patienten mit erblich bedingten Erkrankungen der Netzhaut behandelt werden können. Dieser Durchbruch gehe aber weit über eine erfolgreiche Behandlung der LCA alleine hinaus und rückt die klinische Anwendung der Gentherapie bei anderen Erkrankungen der Netzhaut in der Zukunft in greifbare Nähe.

Operieren ohne Skalpell

"Bei operativen Eingriffen am Auge, etwa an der Netzhaut, der Makula oder beim grauen Star, sind jetzt neueste minimal-invasive Techniken verfügbar, bei denen der Augenchirurg durch winzige Zugänge von weniger als 0,6 Millimetern mit feinsten Instrumenten endoskopische Operationen durchführen kann", berichtet Schmidt-Erfurth. "All dies mit dem Ziel, Patienten möglichst rasch und möglichst schmerzfrei wieder zu einem guten Sehvermögen zu verhelfen."

Größere Schnitte oder störende Nähte im Auge sind nicht mehr nötig. Solche Eingriffe sind so schmerzarm, dass eine lokale Betäubung die übliche Vollnarkose ersetzt und die Heilung innerhalb von wenigen Tagen erfolgt, damit kehrt auch die Sehfähigkeit sehr schnell wieder zurück. An der Wiener Universitätsaugenklinik werden bereits 80 bis 90 Prozent der Eingriffe routinemäßig mit den neuen nahtlosen minimal-invasiven Methoden durchgeführt.

Blaulicht-Filter schützen Sehpigment lebenslang

Das Sehpigment des Auges ist im Verlauf des Alterungsprozesses einem fortschreitenden Abbau ausgesetzt, weil es sich lebenslang nicht erneuern kann. Vor allem Lichteinflüsse hinterlassen bleibende Spuren, insbesondere kurzwelliges blaues Licht, wie es im Sonnenlicht, aber etwa auch in Halogenlampen, Blitzlichtern oder Solarien vorkommt, schädigt die Netzhaut kontinuierlich und zeitlebens. „Die dadurch entstehenden Schäden lassen sich nicht zurückdrehen - jeder Mensch erleidet also mit der Zeit eine Verschlechterung des Sehpigments."

Mit einem ganz speziellen Augen CT - ein solches ist an der Wiener Universitäts-Augenklinik verfügbar - lässt sich der Zustand der Pigmentzellen messen. Ist eine solche präzise Messung möglich, dann kann auch entsprechend präventiv behandelt werden, bevor sich weitere Erkrankungen, zum Beispiel eine schwere Makuladegeneration, entwickeln. Auf dem Kongress in Wien werden neue Erkenntnisse über solche Präventionsstrategien präsentiert - insbesondere die Rolle von speziellen implantierbaren Linsen mit einem Blaulichtfilter. Derzeit werden sie vor allem nach Operationen des Grauen Stars eingesetzt, bei denen ja die natürliche Linse und somit ein wichtiger biologischer Schutz des Sehpigments entfernt werden. (red)