Tel Aviv - Sogar der Staatspräsident, der eigentlich über den tagespolitischen Dingen stehen sollte und zu Wirtschaftsfragen gewöhnlich kaum etwas zu sagen hat, greift jetzt in die Debatte um Israels gefährdete Pensionskassen ein. "In einem geordneten, verantwortungsbewussten Land kann es nicht sein, dass ein Mensch, der sein ganzes Leben gespart hat, im Alter von 60 oder 65 aufwacht und nichts hat", predigt der 85-jährige Shimon Peres.

Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die Unternehmen die Vorläufer des globalen Sturms zu spüren bekommen, droht der mächtige Gewerkschaftsbund sogar mit einem Generalstreik, um ein "Sicherheitsnetz" für die Renten zu erzwingen. Der Finanzminister zeigt hingegen weiterhin tiefen Widerwillen gegen jede Art von Intervention.

Um den Wettbewerb und die Rentabilität zu fördern, war die Verwaltung der Rentenfonds über die letzten Jahre den großen Banken weggenommen und liberalisiert worden. Arbeitnehmer konnten frei von Kasse zu Kasse wechseln und ließen sich oft durch die Aussicht auf hohe Erträge locken. Kaum jemand war sich aber dessen bewusst, dass das Geld nicht wirklich solide angelegt war, sondern zum Teil an der Börse mitspielte.

Hohe Verluste

Jetzt müssen viele mit ansehen, wie das Guthaben, von dem sie im Alter zehren wollten, rasant dahinschmilzt. Seit Jahresbeginn sind im Durchschnitt 15 Prozent ausradiert worden, bei manchen Rentenfonds auch über 30 Prozent. Gewerkschaftsboss Ofer Eini verlangt energisch eine staatliche Garantie für die Pensionsguthaben der über 55-Jährigen und sogar eine Abgeltung der zuletzt eingefahrenen Verluste.

Dieses große "Sicherheitsnetz" für die Pensionen wäre viel zu teuer und würde der Wirtschaft bloß noch größeren Schaden zufügen, sagt das Finanzministerium, das aber angesichts der Panikstimmung doch reagieren musste und ein bescheidenes Gegenangebot macht. Demnach sollen bloß die Rentenguthaben jener abgesichert werden, die über 60 sind und ein geringes Einkommen haben. Bei den Jüngeren, so das Argument, würden sich die Einlagen nach der Krise von alleine wieder erholen.

Insgesamt glauben die Kapitäne, dass Israel für die Krise gut gerüstet ist, weil die Wirtschaft zuletzt geboomt hatte - mit Wachstumsraten von über fünf Prozent, sinkender Arbeitslosigkeit, einer harten Währung, geringer Staatsverschuldung und einem fast ausgeglichenen Budget. Im dritten Quartal 2008 hat sich die Wachstumsrate aber plötzlich halbiert. Israels vielgerühmter Hightech-Sektor rechnet damit, im kommenden Jahr zehn Prozent seiner Arbeitskräfte entlassen zu müssen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, Printausgabe, 26.11.2008)