Okay, wir haben uns nun alle ausgiebig über den Mangel an Visionen, großformatigen Konzepten und personellen Innovationen bei dieser neuen SPÖ/ÖVP-Koalition mokiert. Das hat ja alles seine Richtigkeit. Aber die entscheidende Frage ist jetzt: Haben Werner Faymann und Josef Pröll das Kaliber, mit der größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten fertigzuwerden? Sind Faymann und Pröll Politiker, denen man ein Bewältigen einer solchen Krise zutraut?

Als Wiener Wohnbaustadtrat und Infrastrukturminister hat Faymann bisher vor allem reichlich vorhandenes Steuergeld in den Hoch-und Tiefbau geschaufelt. Pröll kommt aus dem Raiffeisenbereich und hat als Landwirtschafts-, äh Lebensminister, nichts anderes getan als reichlich vorhandenes Steuergeld (zum Teil aus Brüssel) im ländlichen Raum verteilt.

In der Krise ist zwar Steuergeldverteilen Teil der Therapie. Aber eine gute Wirtschaftspolitik verlangt mehr: wie setzt man Steuergeld am besten ein und wie vermittelt man den Bürgern und Unternehmen Optimismus.

Die Koalition ist auf Populismus gebaut. Krone-Anti-EU-Populismus auf der einen Seite, dem leider Ursula Plassnik geopfert werden musste. Pröll hat sich damit zufrieden gegeben, dass die Koalition ohnehin zu Ende ist, wenn ihn die SPÖ in EU-Fragen überfährt. Muss man das auch noch in einen Vertrag schreiben?

"Den Roten zeigen wir's"-Populismus

Auf der anderen Seite der "Den Roten zeigen wir's"-Populismus, indem die Bawag-Richterin zur Justizministerin gemacht wird. Wie sehr sie wirklich Licht in die Causa bringen konnte, wird man vielleicht nach Veröffentlichung ihrer schriftlichen Urteilsbegründung sehen, die demnächst fällig wäre. Welche justizpolitischen Vorstellungen Bandion-Ortner genau hat, ist noch nicht offenbar geworden.

Die entscheidende Frage ist aber, ob Kanzler Faymann und Finanzminister Pröll das Ausmaß der drohenden Wirtschaftskrise verinnerlicht haben. In den USA wird ein Geschehen wie in der "Großen Depression" der Dreißigerjahre nicht mehr ausgeschlossen. In Europa sehen die Vorzeichen nicht viel anders aus. An einer akkordierten EU-Konjunkturpolitik - analog zur Bankenrettungspolitik - wird gearbeitet (Die überlebenswichtige Rolle der EU in der Bankenkrise sollte übrigens das ahnungslose und/oder böswillige Anti-EU-Gekreisch in Österreich zum Verstummen bringen). Schließlich kommen auch aus den Aufstiegsländern wie China schlechte Nachrichten.

Dann wird es echt grimmig

Die neue Regierung hat ein "Konjunkturprogramm" angekündigt. Es besteht im Wesentlichen aus Großbauvorhaben für die ÖBB mit zweifelhafter Wirkung, aus einem etwas wirksameren Wärmedämmungsprogramm und aus der (endlich) vorgezogenen Steuersenkung. Das ist nicht nichts, aber angesichts der Krise höchstwahrscheinlich zu wenig. Die Wirtschaftsforscher fordern immer deutlicher einen "Vorschuss auf die Steuersenkung" schon ab dem 1. Januar 2009. Auch das könnte nicht reichen.

Diese Koalition will aus den Fehlern der Vorgänger lernen. Brav. Wenn sie aber mit der Krise nicht fertig wird, dauert es keine zwei Jahre mit ihr. Dann wird es echt grimmig. (Hans Rauscher, DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2008)