Wien - Fußball ist im Iran Männerdomäne. Selbst die Stadien zu besuchen ist Frauen untersagt - der offizielle Grund dafür ist charakteristisch für die Doppelmoral der islamischen Republik: Es heißt, sie könnten am unrühmlichen Verhalten der männlichen Fans Schaden nehmen. Wie es den Hartgesotteneren unter den Fußballbegeisterten trotzdem gelingt, ihre Leidenschaft auszuleben, hat der iranische Regisseur Jafar Panahi in seinem großartigen Film Offside gezeigt: Sie spazieren als Männer verkleidet in die Schlacht.
Football under Cover, ein Dokumentarfilm von Ayat Najafi, David und Marlene Assmann, ergänzt Panahis Arbeit nunmehr um ein weiteres Bild: um Frauen, die selbst Fußball spielen. Die Hürden für diese Praxis sind denkbar groß - so fehlt es der nationalen iranischen Frauenauswahl an Vereinsstrukturen und damit auch an einem ordentlichen Gegner. Doch die Spielerinnen, die ihre Zimmer mit Postern von David Beckham verzieren und ganze Videosammlungen von wichtigen Spielen besitzen, kontern mit Hartnäckigkeit. Sie riskieren viel für ihre Passion. So kommt dem Sport wie von selbst eine ideologische Komponente zu.
Football under Cover erzählt vom Vorhaben eines Freundschaftsspiels, das sich eigentlich als kulturelle Verständigung versteht. Der Kreuzberger Verein BSV Al-Dersimpor, in dem Frauen mit migrantischem Hintergrund - und teils muslimischen Glaubens - kicken, plant, gegen eine iranische Auswahl in Teheran ein Retourmatch auszutragen.
Persönliche Agenda
Bemerkenswert an dem Film ist vor allem eine Perspektive, in der das Begehr der Fußballerinnen mit jenem der Filmemacher zusammenfällt. Marlene Assmann spielt selbst in dem Frauenverein, und sie ist es auch, die mit ihrem Kollegen Ayar Najafi die Behörden im Iran konsultiert, um das Ereignis in die Wege zu leiten. Der Film dokumentiert somit weniger ein ihm äußerliches Projekt, sondern trägt vielmehr zu dessen Verwirklichung bei. Kameras erzeugen Nachdruck. Sie evozieren aber auch Eigendynamik. Je näher das Spiel rückt, umso zögerlicher werden die zuständigen Stellen.
Von den bürokratischen Verschleppungen erfährt man in Football under Cover jedoch eher indirekt. Das positive Zentrum des Films bilden die enthusiastischen Fußballerinnen, wobei die porträthaften Skizzen der Frauen und ihrer Lebensumstände mitunter ein wenig zu knapp ausfallen. Zuletzt mündet alle Anstrengung allerdings in ein eindrückliches Bild, in dem sich die Verhältnisse umkehren - und die Frauen auf dem Rasen laufen, während die Männer verstohlen durchs Stadiongitter blicken müssen. (Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 25.11.2008)