Eine Lockerung, sonst nur Einschränkungen: So lassen sich die integrationspolitischen Vorhaben der rot-schwarzen Regierung, wie sie im Regierungsübereinkommen verankert sind, lesen. Denn während mit der sogenannten "Rot-Weiß-Rot-Card" die bisherige Quote für Schlüsselarbeitskräfte aufgehoben werden soll, finden sich in den Bereichen Asylrecht und Niederlassungsrecht eher Verschärfungen als Liberalisierungspläne. Manche der Regierungsvorhaben sorgen bereits jetzt aus verfassungsrechtlicher Sicht für Bedenken.

"Beschleunigtes Asylverfahren"

So erteilt der Wiener Verfassungsjurist Heinz Mayer etwa dem Vorhaben, mutmaßlich straffällige AsylwerberInnen ohne Verurteilung in Schubhaft zu nehmen, eine Absage. Konkret heißt es dazu im Regierungspakt, dass "bei allen Asylwerbern, die einer Vorsatztat verdächtig sind und bereits Anklage durch den Staatsanwalt erhoben wurde, ein beschleunigtes Asylverfahren durchgeführt wird". Gleichzeitig solle auch "die Möglichkeit der Schubhaftverhängung ausgeweitet" werden.

"Beschleunigte Asylverfahren sind immer gut", meint dazu Heinz Mayer auf derStandard.at-Anfrage. Die Regierung werde "trotzdem nicht umhin kommen, abzuwarten, bis es ein rechtskräftiges Urteil gibt." Zudem sehe die Menschenrechtskonvention Ausweisungen von Asylsuchenden nur bei besonders schweren Straftaten vor. "Und das muss erst einmal nachgewiesen werden." Ohne Ausweisungsverfahren sei jedoch auch eine Schubhaft nicht möglich.

"Härte demonstrieren"

Bei Asylberechtigten sieht das Regierungsprogramm zudem vor, es solle künftig im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung "automatisch überprüft werden, ob nach wie vor Asylgründe vorliegen". Wenn nicht, solle abgeschoben werden. Ein Vorhaben, das laut Mayer nur "symbolhaften Charakter" habe: Denn was hier geplant ist, sei erstens ohnehin jetzt schon möglich und zweitens kaum praxisrelevant, da Asylberechtigte meist schon seit Jahren hier leben und somit einen gewissen Integrationsgrad vorweisen können, aus dem sich ein Bleiberecht dieser Menschen ableiten lässt. Dass es sich trotzdem im Regierungspakt findet, führt Mayer darauf zurück, dass die Regierung "Härte demonstrieren will".

Klärungsbedarf sieht Mayer bei der künftigen Bleiberechtsregelung: Ein Bleiberecht gesetzlich zu regeln, hatte der Verfassungsgerichtshof der Regierung bis März 2009 aufgetragen. Im Regierungsprogramm steht diesbezüglich nur, dass die Behörden "das Vorliegen humanitärer Gründe" prüfen müssen - welche Kriterien dafür konkret herangezogen werden sollen, wird jedoch nur angedeutet: Neben einem langjährigen Aufenthalt, Sprachkenntnissen, strafrechtlicher Unbescholtenheit und Erwerbstätigkeit werden im Pakt auch "Selbsterhaltungsfähigkeit, Unterhalt und Unterkunft" genannt. Wer über das notwendige Geld nicht verfüge, für den/die solle der/die zuständige BürgermeisterIn gemeinsam mit "karitativen Organisationen" eine Haftungserklärung abgeben können.

Willkür befürchtet

Das sei "kurios", findet Anny Knapp, Obfrau der Asylkoordination Österreich: Diese Formulierung lasse erkennen, "dass die Regierungsparteien einen sehr engen Rahmen dafür setzen, wer das Bleiberecht bekommen soll." Denn angesichts des restriktiven Zugangs zum Arbeitsmarkt für viele Zugewanderte könne der Gesetzgeber das Bleiberecht nicht von Erwerbstätigkeit oder einem Mindesteinkommen abhängig machen. Knapp verweist nach Deutschland: Dort hätten Zugewanderte zwei Jahre Zeit, um bestimmte Voraussetzungen fürs Bleiberecht nachzuholen. Auch die Tatsache, dass Bürgermeister und karitative Einrichtungen vom Landeshauptmann angehört werden sollen, stimmt Knapp skeptisch: "Ich hätte gerne mehr Sicherheiten, dass nicht willkürlich entschieden wird." Schließlich könne ein Bleiberecht nicht davon abhängig gemacht werden, "ob die Person dem Bürgermeister gerade zu Gesicht steht oder nicht." (Maria Sterkl, derStandard.at, 24.11.2008)