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Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - Ihre am Beginn ihrer Amtszeit noch als Vorteil gefeierte berufliche Herkunft schwebte vor ihrer neuerlichen Bestellung als Unterrichtsministerin wie ein Damoklesschwert über Claudia Schmied: Immerhin war sie bis Jänner 2007 Vorstand der Kommunalkredit, was so manchen nach ihrer Mitverantwortung an dem Bankdebakel fragen ließ. Doch in der ihr eigenen Unaufgeregtheit wischte sie solche Fragen vom Tisch und verwies - wie sie das gerne mit ihrem Lieblingswort "faktenbasiert" tut - auf Fakten: Sie sei seit fast zwei Jahren nicht mehr im Vorstand und verfüge über keine Einsicht in die Gebarungen der Bank.

Überraschungskandidatin

Mit Schmied hatte Alfred Gusenbauer eine Überraschungskandidatin aus dem Hut gezaubert. Die Betriebswirtin, die 1997-99 als wirtschaftspolitische Beraterin im Finanzministerium unter Minister Rudolf Edlinger gearbeitet hatte, war bis zur ihrer Angelobung öffentlich kaum in Erscheinung getreten. Das sollte sich rasch ändern, denn mit dem (Farb-)Wechsel im Unterrichtsressort, das rund zwölf Jahre unter Leitung von Elisabeth Gehrer stand, witterte die SPÖ für ihre Anliegen Morgenluft. Und so verkündete Schmied noch am Tag ihrer Bestellung "den Einstieg zum Umstieg" zur Gesamtschule. Diesen Einstieg sollte sie mit den Modellversuchen zur "Neuen Mittelschule" auch schaffen. Viel mehr aber auch nicht. Zu sehr stand der Koalitionspartner ÖVP auf der Bremse. Es bleibt - zumindest vorerst - bei Schulversuchen parallel zu Hauptschule und AHS-Unterstufe. Mehr Erfolg hatte sie da mit der Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen in Volks- und Hauptschulen sowie der AHS-Unterstufe.

"Gesundes Selbstbewusstsein"

Während die schon vom Elternhaus sozialdemokratisch geprägte Ministerin nicht nur mit der "Neuen Mittelschule", sondern auch mit dem verpflichtenden Kindergartenjahr oder einer gemeinsamen Lehrerausbildung an die ideologischen Mauern der "Molterer-Schüssel-Neugebauer-Fraktion" (Schmied) stieß, verstand sie sich mit ihrem Mitbewohner in der "Bildungs-WG" am Minoritenplatz, dem Sitz von Unterrichts- und Wissenschaftsministerium, Johannes Hahn, sehr gut. So gab es dann durchaus Annäherungen, etwa bei der Lehrerausbildung, die allerdings aufgrund des verfrühten Endes der Koalition nicht mehr umgesetzt werden konnten.

Schmied wurde bereits vor ihrer Bestellung als Ministerin "gesundes Selbstbewusstsein" und "Mangel an Versagensängsten" attestiert. Das stellte sie auch bei ihrer spektakulärsten Personalentscheidung im Kulturbereich unter Beweis: Für die künftige Leitung der Wiener Staatsoper beharrte sie auf dem eigenen Überraschungskandidaten Dominique Meyer und hielt dem beträchtlichen Druck des Kanzlers stand, der sich für seinen Freund Neil Shicoff stark gemacht hatte. Schmied setzte sich durch, ließ Gusenbauer ganz schön dumm dastehen - und musste sich sofort Ambitionen auf das Amt des Regierungschefs nachsagen lassen.

Wunsch-Finanzministerin

Werner Faymann brachte sie frühzeitig als seine Wunsch-Finanzministerin ins Spiel. Diesen Karrieresprung hätte die frühere Bankerin, die 1983 einen Tag nach ihrer Promotion an der WU Wien in die Investkredit eintrat und dort als Abteilungsleiterin für Unternehmensfinanzierung u.a. für die Expansion nach Osteuropa verantwortlich war, ehe sie 2004 in den Vorstand der Kommunalkredit berufen wurde, vermutlich sehr gereizt. Dass es nicht so weit kam, bedeutet für sie, die eigenen Reformvorhaben fortsetzen zu können und nicht dafür bezahlen zu müssen. Schließlich hat sie vor der Wahl den Finanzbedarf der von ihr eingeleiteten Reformen allein im Unterrichtsbereich bis 2011 mit 900 Mio. Euro beziffert.

Harte Verhandlungen

Doch auch im Kulturbereich stehen harte Verhandlungen mit dem Finanzminister ins Haus. Schmied, die auch mit der Besetzung der künftigen Generaldirektion des Kunsthistorischen Museums (KHM) für Schlagzeilen sorgte - statt eines internationalen Experten fand sie eine hausinterne Abteilungsleiterin, die dem Profil der Ausschreibung streng genommen gar nicht entsprach -, hat in ihrer ersten Amtszeit die immer lauter werdenden Geldwünsche ihrer Klientel aus Kunst und Kultur überwiegend mit dem Beauftragen neuer Studien beantwortet. Die Grundlagen sollten nun geschaffen sein, doch in den meisten Fällen wird die Umsetzung wie schon vor der Wahl vom Koalitionspartner abhängen: Geldforderungen aus allen Richtungen - von den Bundesmuseen, denen sie bereits einiges versprochen hat, und den Bundestheatern bis hin zu unzähligen kleineren Institutionen - muss sie beim schwarzen Finanzminister durchbringen, Lösungen der Dauerprobleme Sponsoring-Erleichterungen (angesichts der Wirtschaftskrise wichtiger denn je) und Restitution sind nur im breiten Konsens möglich.

Dafür wird sich Schmied in ihrer zweiten Amtsperiode vermutlich von der "faktenbasierten" Sach- und Facharbeiterin, die auch in der Möblierung ihres Büros durch MAK-Direktor Peter Noever, dessen Vertrag sie anschließend verlängerte, politisches Gespür vermissen ließ, mehr zur strategisch denkenden und taktisch handelnden Politikerin entwickeln müssen. (APA)