Wien - Ein düsteres Bild der wirtschaftlichen Lage zeichnete der ehemalige SPÖ-Finanzminister und heutige Industrielle Hannes Androsch am Sonntagabend in der ORF-Sendung "Im Zentrum". Es handle sich um die größte Weltwirtschaftskrise seit den 30er Jahren, einem "ökonomischen Desaster" und "Großbrand". In dieser Situation sei für die neugebildete Regierung entscheidend, "was die Leithammeln daraus machen" und nicht, welche Partei sich besser durchgesetzt habe oder ob nun Justiz- und Innenministerium beide von der ÖVP geführt werden. Auch der ehemalige ÖVP-Wirtschaftsminister Johannes Ditz sagte, ein "großer Wurf" beim Regierungsprogramm sei weniger wichtig, als dass jetzt die aktuellen Probleme richtig behandelt würden.

Androsch sieht Chance

Androsch sieht in der Krise eine Chance, über Hürden hinwegzukommen, die sonst Reformen im Land verhindern. "Wenn jetzt nicht Nägel mit Köpfen gemacht werden, spielt es bei der nächsten Wahl Granada" sieht er für SPÖ und ÖVP keine Alternative zu einer guten Zusammenarbeit. Androsch selber will seine Funktion in der "Banken-ÖIAG" zurücklegen, sollte es nicht gelingen, die staatliche Unterstützung für Banken in Kredite für KMU umzusetzen.

In der Diskussion blieb offen, wie viel Arbeitslosigkeit auf Österreich zukommt. Wifo-Expertin Gudrun Biffl sagte, es werde 2009 "mindestens 20.000" Arbeitslose mehr geben als heuer, genauere Zahlen "traue ich mich nicht vorherzusagen". Betroffen würden vor allem Leiharbeiter, Junge, Ältere und weniger Qualifizierte, darunter überproportional viele Menschen mit Migrationshintergrund, sein.

Bauwirtschaft noch verschont

Androsch wieder sagte "100.000 zusätzliche Arbeitslose können viel rascher da sein, als wir uns zu fürchten wagen". Und der Bundesinnungsmeister Bau, Hans Werner Frömmel, fürchtet, dass alleine im Bau 15.000 bis 25.000 Arbeitslose dazu kommen könnten, wenn sich die Wirtschaft bis ins Frühjahr nicht erholt. Derzeit habe die Bauwirtschaft allerdings noch keine Krise.

Kurzarbeit mache im Baubereich keinen Sinn, sagte Frömmel. GPA-Chef Wolfgang Katzian machte sich hingegen für Kurzarbeit stark. Lohnverzicht lehnt er rigoros ab. Dabei erhielt er die Unterstützung von Herbert Buchinger vom AMS. (APA)