Christian Stögmüller.

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Martin Blank.

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Das Regierungsabkommen von SPÖ und ÖVP dürfte in der heimischen Medienwelt für Enttäuschung sorgen. Die neue Regierung nimmt so gut wie keine zusätzlichen Gelder zur Unterstützung des Mediensektors in die Hand - DER STANDARD berichtete darüber bereits in der Wochenendausgabe, die APA lieferte Sonntagabend Details nach. Wortlaut des Papiers zu Medien mit Links zu Vorgängerprodukten diverser Regierungen hier.

Fernsehfilmförderung verdoppeln

Einzig der Fernsehfilmförderungsfonds soll von derzeit rund 7,5 auf 15 Millionen Euro aufgestockt werden. Die Mittel kommen aus dem Digitalisierungsfonds. Den Privatsendern hält die Medienpolitik weiter die Karotte einer eventuellen Förderung vor die Nase, allerdings soll diese lediglich "unter Berücksichtigung neuer Finanzierungsformen geprüft werden", so die schwammige Formulierung. Der ORF soll indes für seine finanzielle Sicherung selbst Sorge tragen.

ORF soll erst sparen

"Zur Zukunftssicherung des ORF sind alle notwendigen Maßnahmen im Unternehmen zu treffen, insbesondere um die finanzielle Basis nachhaltig zu sichern", heißt es im Medienkapitel des Regierungsabkommens. "Die Geschäftsführung hat gemeinsam mit dem Stiftungsrat insbesondere die Effizienz, Sparsamkeit und Wettbewerbsfähigkeit insbesondere in den Bereichen Content-Management und -Bereitstellung, Organisationsstrukturen, Personalressourcen sowie Technikeinsatz zu überprüfen, sicherzustellen und allenfalls zu optimieren ..."

Außerdem legt die neue Regierung dem Unternehmen nahe, "Beteiligungen und Ausgliederungen auf ihre Notwendigkeit zu hinterfragen". Bereits der Rechnungshof-Rohbericht stellte fest, dass die Beteiligung des ORF an der Österreichischen Lotterien Gesellschaft "kein betriebsnotwendiges Vermögen" darstellt. Der Sender ist außerdem am Sendetechnikunternehmen ORS beteiligt.

Die von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz mehrfach geforderte und von den Privatsendern befürchtete Lockerung der ORF-Werberegulierungen findet im Koalitionspapier einen unverbindlichen Niederschlag: Die Werbebestimmungen im ORF-Gesetz seien im Rahmen der EU-Mediendienste-Richtlinie, die im Jahr 2009 in österreichisches Recht umgesetzt wird und Werbeerleichterungen für die Privatsender bringen soll, "zu evaluieren".

Intensivere ORF-Aufsicht

Im Zuge des derzeit laufenden EU-Beihilfeverfahrens soll das ORF-Gesetz angepasst werden. "Gegebenenfalls ist die Intensivierung der behördlichen Aufsicht über den ORF zu prüfen", heißt es. Über den ORF soll künftig nicht mehr der Bundeskommunikationssenat (BKS) sondern die neue, unabhängige Medienbehörde wachen. Diese soll aus vier Senaten bestehen, einer davon soll für den ORF, einer für die Privatsender zuständig sein. Zwei weitere Senate gibt es für den Telekommunikationssektor.

Weiters plädiert die Regierung für eine Optimierung der ORF-Gremien in Aufgabenstellung und Struktur. "Die Auswahl der Publikumsräte durch Faxwahl soll überdacht werden, gleichfalls die Möglichkeit der Nominierung von Publikumsräten durch die Bundesregierung." Konkrete Vorschläge zur Umgestaltung beziehungsweise Verkleinerung des Stiftungsrats finden sich im Regierungsprogramm nicht.

Private, bitte warten

Wenig Konkretes hält das Programm wie berichtet für die Privatsender parat. Wie schon im vergangenen Koalitionsabkommen von Anfang 2007 wird die Einführung einer Förderung als Möglichkeit erwähnt, die soll aber lediglich "unter Berücksichtigung neuer Finanzierungsformen" geprüft werden. Bei der Presse- und Publizistikförderung plant die Bundesregierung eine Modernisierung. Hier sollen die digitalen Medien berücksichtigt werden sowie der Ausbau der "Qualitätsförderung und Zukunftssicherung".

Presserat: Geld nur mit "Krone"

Dem neuen Presserat, der demnächst unter der Federführung des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ), der Journalistengewerkschaft und des Vereins der Chefredakteure entsteht, will die Regierung finanziell unter die Arme greifen. Voraussetzung ist, dass sich "die relevanten Unternehmen und Titel beteiligen, unabhängig von Erscheinungsweise und Finanzierung".

Werbesteuer immerhin erwähnt

Einen Hoffnungsfunken hält das Papier für die Werbebranche parat. Die seit Jahren geforderte Abschaffung der Werbesteuer hat es - im Gegensatz zum vergangenen Koalitionspakt - diesmal ins Regierungsabkommen geschafft. Sie soll "im Rahmen von Finanzausgleichsgesprächen im Fokus" stehen. Das haben andere Regierungen schon etwas entschlossener formuliert, und trotzdem kam wenig heraus, siehe hier.

Vorantreiben will die Regierung die Digitalisierung der Medienlandschaft, und sie "wird die gesetzlichen Grundlagen für die Zulassung von Digitalem Radio schaffen".

"Grobe Benachteiligung"

Schon im Vorfeld der Einigung in den Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP reagierten die Privatsender: "Der gesamte private Sektor ist empört, das ist eine medienpolitische Visionslosigkeit", schimpfte der Vorsitzende des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), Christian Stögmüller. Martin Blank (Puls 4) beklagte die "grobe Benachteiligung der Privaten gegenüber dem ORF".

Kahlschlag

Der ORF sei dank seiner Gebührenfinanzierung von der aktuellen Wirtschaftskrise nur zur Hälfte betroffen, die Privaten zu 100 Prozent. Den Privaten in dieser Situation nicht einmal eine Förderung von 20 Millionen Euro zukommen zu lassen, sei ein "Kahlschlag in der existenziell gefährdeten privaten Medienlandschaft", waren sich Stögmüller und Blank einig. Die Förderung sei von der Politik seit Jahren versprochen worden - "dieses Versprechen wurde wiederholt gebrochen", so Blank.

Medienförderung

Kein Geld - weder für die Privatsender noch für den ORF - lautete wie berichtet das Ergebnis aus der Koalitionsverhandlung. Sowohl die von der Politik seit langem in Aussicht gestellte Medienförderung für Private Rundfunkveranstalter als auch die schwammige Formulierung einer "allfälligen Ausweitung des öffentlichen Finanzierungsrahmens" für den ORF sind in letzter Sekunde aus dem Medienpapier gefallen. Die Anstalt erwartet heuer 100 Millionen Euro Miese, 2009 sollen unterm Strich 29 Millionen stehen. Von der künftigen Regierung hatte sich der ORF die Refundierung der Gebührenbefreiungen erhofft. Er bekommt nun ebenfalls nichts. Kommunikationschef Pius Strobl wollte dazu nichts sagen. Gehört wurden die Klagen der Filmbranche. Sie sehen sich im Medienpapier berücksichtigt: Der Fernsehfonds soll demnach verdoppelt werden, so der Letztstand. Die Rundfunkbehörde fördert Fernsehproduktionen mit jährlich 7,5 Millionen Euro.

Grünes Licht gab die Mediengruppe auch der Umgestaltung der Medienbehörde. Diese soll künftig nach europäischem Vorbild neu aufgestellt werden. Sie soll aus vier Senaten bestehen, von denen einer für den ORF zuständig ist. Diese Kompetenz liegt bisher beim Bundeskommunikationssenat BKS. Die weiteren Senate wachen über die privaten Anbieter, Telekom und Post. (prie, APA/DER STANDARD; Printausgabe, online ergänzt, 24.11.2008)