Mark E. Smith von The Fall in der Arena: Belustigung statt Unerbittlichkeit.

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Wien - Anfangs herrschte Verwunderung: Was mag das für ein Magazin sein, das anlässlich seines erstmaligen Erscheinens ausgerechnet die alte Squaw Mark E. Smith und seine Band The Fall einfliegt? Wer kann da Zielgruppe sein? Ein Blick in die gut gefüllte Wiener Arena ließ am vergangenen Freitag dann auch Schlimmes befürchten: Punkrocker zwischen 30 und 50, seit Jahrzehnten freudlos unbunt gekleidet, bildeten gut die Hälfte des Publikums. Vom Magazin mit dem Namen FAQ keine Spur.

Erst während des Auftritts von The Fall wurde ein dickes, deutsch-englisches Heft, das thematisch im Einzugsgebiet der Populärkultur und der Kunst angesiedelt ist, vor dem Saal aufgelegt. Wie dieses schicke Produkt mit dem 50-jährigen Misanthropen zusammenhängt, der, gerade in einem Übergangsstadium zwischen den siebten und den achten Zähnen ins Mikro nuschelt und eckig die Bühne durchmisst? FAQ-Herausgeber Andreas Ungerböck erklärte das vor dem Konzert so: The Fall würden seit dreißig Jahren unbeirrt ihr Ding durchziehen und wären heute noch relevant. Das strebe man auch mit FAQ an.

Ein schöner Gedanke, obgleich der Auftritt des schrulligen Idols bescheiden ausfiel. Mark E. Smith, die aus Manchester stammende einzige Konstante dieser tatsächlichen Kultband, ist dafür bekannt, Bandmitglieder wie die Hemden zu wechseln. Deshalb stand er mit der Gott weiß wievielten Inkarnation von The Fall auf der Bühne.

Aber mit Ausnahme des stur und solcherart charakteristisch den The-Fall-Rhythmus dreschenden Schlagzeugers war die Band viel zu schwach. Quasi Softrock statt The Fall. Smith, dessen Gesicht wegen eines Hauptwohnsitzes im Pub ums Eck früh vertränensackte, bewies dieses Mal kein gutes Händchen. Den Bassisten schien er von einer Hobby-Funk-Band abgeworben zu haben, und der Gitarrist war ein sensibler Lyriker statt ein unerbittlichen Galeerenarbeiter. Smiths Freundin am Synthie tat brav Dienst nach Vorschrift.

Schon bei dem frühen 50 Year Old Man des aktuellen Albums Imperail Wax Solvent, das die Band unnötig in Richtung Jam-Session verlängerte, tauchten Zweifel an dieser Formation auf. Spätestens bei Blindness, ein säuerlicher Monolith und als solcher einer der besten The-Fall-Songs jüngeren Datums, war klar: Das wird nichts mehr. Hier wurde null Komma Josef statt ein Elefanten streckendes Starkbier serviert.

Auch der Meister selbst, von der britischen Radio-Legende John Peel bis zu seinem Tod verehrt und mit "always the same, always different" exakt beschrieben, überzeugte nicht. Gut eingelegt schien Smith diesen exklusiven Gig eher belustigt wahrzunehmen. Im Vergleich mit dem letzten The-Fall-Auftritt in der Szene Wien, selig, erschien das hier wie ein müder Scherz. Beim nächsten Mal dann wieder schlecht gelaunt - und alles ist gut. (flu / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 24.11.2008)