Bild nicht mehr verfügbar.

Dank niedrigerer Mehrwertsteuer können die britischen Weihnachtsmänner heuer einen Zahn zulegen.

Foto: Reuters/Suzanne Plunkett

Die britische Regierung plant eine Senkung der Mehrwertsteuer um 2,5 Prozentpunkte sowie weitere Steuererleichterungen, um rechtzeitig vor Weihnachten den Binnenkonsum anzuregen. Übereinstimmenden Berichten der Sonntagspresse zufolge bringt das Paket zur Ankurbelung der lahmenden Wirtschaft der Staatskasse Mindereinnahmen von 15 Milliarden Pfund (17,8 Mrd. Euro); ein Großteil davon, so die Hoffnung von Premier Gordon Brown und seinen engsten Beratern, sollen die Briten in den kommenden Wochen ausgeben und damit ihrem kränkelnden Einzelhandel auf die Beine helfen.

Schatzkanzler Alistair Darling wird dem Londoner Unterhaus seine Pläne heute, Montag, im halbjährlichen Fiskalbericht vortragen, der diesmal einem Nachtragshaushalt gleichkommt. Neben der rasch umzusetzenden Mehrwertsteuer-Senkung auf 15 Prozent (EU-Untergrenze) will die Regierung die Steuererleichterung für Niedrigverdiener um ein Jahr verlängern sowie die geplante Anhebung der Kraftfahrzeugsteuer verschieben.

Schulden steigen

Ganz offen gibt die Regierung zu erkennen, dass die Steuersenkung durch höhere Verschuldung finanziert wird. Es gehe darum, die rezessionsgefährdete Wirtschaft kurzfristig zu unterstützen, argumentiert Darling und kündigt gleichzeitig mittelfristig Steuererhöhungen an. "Wenn wir jetzt nicht handeln, wird der Abschwung härter werden und länger dauern", sagt Premier Brown.

Wie dramatisch die Regierung die Lage unterschätzt hat, offenbart ihre eigene Prognose vom März diesen Jahres: Damals wurde die jährliche Neuverschuldung auf 37 Milliarden Pfund projektiert, in Wirklichkeit dürfte sie in diesem Jahr bei 90 Milliarden liegen. Berechnungen des seriösen Instituts für Fiskalstudien (IFS) zufolge dürfte das Budgetdefizit auf acht bis neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen (Maastricht-Kriterium: drei Prozent).

Skeptische Opposition

Der konservative Oppositionsführer David Cameron äußerte sich "zutiefst skeptisch" über die angekündigten Maßnahmen: "Steuererleichterungen sollten von Dauer sein, nicht nur für Weihnachten." Aus einer Schuldenkrise komme man nicht mit neuer Verschuldung, glaubt Cameron, der weitere Zinssenkungen der Bank of England fordert. Die Zentralbank hatte zuletzt den Leitzins drastisch auf drei Prozent gesenkt. Der finanzpolitische Sprecher der Liberaldemokraten, Vince Cable, unterstützt zwar die Senkung der Mehrwert-Steuer, verlangt von der Regierung aber mehr Investitionen, insbesondere im sozialen Wohnungsbau.

Einig sind sich die Parteien mit dem Unternehmerverband CBI in der Forderung nach einer großzügigeren Kreditvergabe durch die Banken. Wenn die Unternehmen nicht "umgehend Cash in die Hand bekommen, werden eigentlich gesunde Firmen untergehen", warnt CBI-Chef Richard Lambert. In den vergangenen Wochen hatten die Kreditinstitute besonders kleineren Firmen die Zinsen erhöht oder gleich ganz den Kredit verweigert. Die Empörung darüber in der Bevölkerung ist so groß. Als Erste der teilverstaatlichten Banken hat nun Royal Bank of Scotland ihren Kleinkunden bessere Konditionen zugesagt. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, Printausgabe, 24.11.2008)