2006 wurde die alte ÖGB-Zentrale abgerissen. 2010 ziehen die Gewerkschaften in das neue Gebäude am Handelskai.

Foto: Standard/Cremer

User Gerhard Schwarz wollte von uns wissen:"Was wurde aus der ÖGB-Reform?"

derStandard.at hat nachgefragt:

"Die ÖGB-Reform ist voll am Laufen", antwortet Pressesprecherin Annemarie Kramser auf diese Frage. Es sei schon vieles erreicht, aber auch noch vieles zu tun. Die Medien hätten das nicht wahr genommen, obwohl man bei Pressekonferenzen des Öfteren darauf hingewiesen hat, dass bereits eifrig gearbeitet wird, meint sie gegenüber derStandard.at. Um das groß angekündigte Projekt wurde es im vergangenen Jahr in der Tat sehr ruhig.

Krise 2006

Zur Erinnerung: 2006 war für den Österreichischen Gewerkschaftsbund ein Katastrophenjahr. Der Bawag-Skandal schadete dem ÖGB nicht nur finanziell, sondern auch seinem Ruf. Der damalige Präsident Fritz Verzetnitsch trat als Präsident ab, Rudolf Hundstorfer folgte ihm nach. Intern brodelte es unter den einzelnen Gewerkschaften. Mit der ÖGB-Reform wollte Hundstorfer deshalb eine Modernisierung vorantreiben.

Die Reformwünsche wurden von den sechs Projektteilgruppen "Glaubwürdigkeit", "Kommunikation", "Mitsprache und Mitbestimmung", "Mitgliederwerbung und -Bindung", "Regionalbetreuuung und "Zielgruppen" erarbeitet. derStandard.at lagen die Endberichte der Reformgruppen schon vor der eigentlichen Reformklausur im November 2006 vor. Der Startschuss für die Reform war der Bundeskongress im Jänner 2007.

Finanzen und Regionalisierung

Zu den Vorschlägen zählte unter anderem eine Frauenquote: Jede zweite Spitzenposition sollte von einer Frau besetzt werden. "Auf Bundesebene haben wir das schon erreicht, auf regionaler Ebene sind wir auf einem guten Weg", berichtet Kramser. Auch die Offenlegung der Gehälter sei schon lange passiert. Die Einkommen seien im Internet nachzulesen.

Als "große Baustelle" der Reform bezeichnet die leitende ÖGB-Sekretärin Monika Kemperle im Gespräch mit derStandard.at die Finanzen: "Das haben wir geschafft, wir haben mittlerweile wieder eine positive Bilanz."

Kernstück sei aber die Regionalisierung. Nach dem Motto "näher zu den Mitgliedern und mehr Service" versuchte der ÖGB, die Bezirkssekretariate neu zu strukturieren. "Das heißt, wir haben versucht, Synergien zu nutzen und effizienter zu arbeiten", erklärt Kemperle. Regionen, wo bisher zu wenig Bezirkssekretariate vorhanden waren, habe man nun mit den Regionalsekretariaten abgedeckt.

Vier Jahre Modernisierung

Erst mit der Regionalisierung konnten laut Kemperle die anderen Reformprojekte erst richtig in die Wege geleitet werden. Wie viele der 36 Pakete bereits umgesetzt wurde, kann sie nicht beziffern: "Vieles kann ja gar nicht abgeschlossen werden. Die Mitgliederwerbung zum Beispiel wird ja dauernd fortgesetzt." Es sei jedoch alles "bereits auf Schiene gestellt."

Der Modernisierungsprozess soll jedenfalls bis zum 17. Bundeskongress im Jänner 2011 weitgehend abgeschlossen sein. Das würde heißen, die Reform hätte gut vier Jahre Arbeit beansprucht. Warum das so lange dauert, erklärt die leitende Sekretärin damit, dass man versuche, alle Ebenen miteinzubeziehen: "Wir müssen darauf achten, dass wir die betroffenen Menschen auch mitnehmen. Es gibt immer wieder Diskussionen und Neu-Adaptierungen."

"Auf dem richtigen Weg"

Eine erste Evaluierung habe gezeigt, dass der ÖGB mit seinen Beschlüssen von Seiten der Funktionäre auf Zustimmung stößt. "Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind", meinen Kemperle und Kramser.

Was jetzt noch passiert, ist "Knochenarbeit": Die Regionalisierung noch verbessern, die Weiterbildungsprogramme einheitlicher gestalten, ein Gesamtmedienkonzept für alle Gewerkschaften erarbeiten. Ein symbolisches Zeichen für die Reform ist laut Kramser natürlich auch der Umzug in die neue Zentrale am Wiener Handelskai. Am vergangenen Donnerstag fand die Gleichenfeier statt, 2010 ziehen die Gewerkschaften vorrausichtlich ein. (lis/derStandard.at, 23. November 2008)