Bild nicht mehr verfügbar.

Offiziell sind alle gleich: Daten über Diskriminierung liegen in Österreich nur mangelhaft vor

Foto: dpa/Gero Breloer

Das Problem sei, dass kein Problem gesehen werde: So lässt sich zusammenfassen, was das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte (BIM), die Anti-Diskriminierungsstelle Zara, und der Klagsverband am Donnerstag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz an den Koalitionsverhandlungen von SPÖ und ÖVP auszusetzen haben: Denn Integrationspolitik war in den Verhandlungen bisher zumindest offiziell kein Thema.

"Das Wahlergebnis würde es erforderlich machen, konsequente Antidiskriminierungspolitik durchzuführen", glaubt Zara-Geschäftsführerin Barbara Liegl. Mit einem gemeinsamen Forderungskatalog an die Regierung wollen Zara, BIM und der Klagsverband für Diskriminierungsopfer dies konkretisieren. Im Zentrum steht die Forderung nach einem Integrationsstaatssekretariat.

Nicht nur "Defizite von MigrantInnen beheben"

Wobei dieseR StaatssekretärIn keinesfalls nur für Menschen mit Migrationshintergrund zuständig wäre, betont Liegl, sondern auch für andere von Diskriminierung betroffene Gruppen - etwa Menschen mit geringem Einkommen oder Menschen mit Behinderungen. Die "Integrationsplattform" des ehemaligen Innenministers Günter Platter war Zara zu einseitig: "Da ging es nur darum, Defizite von Migranten und Migrantinnen zu beheben. Das ist aber nicht das Thema."

"Niemand weiß, was wirklich passiert"

Es gehe um Diskriminierungen - und für die gebe es in Österreich wenig Bewusstsein, stellt auch Katrin Wladasch vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschen rechte fest. "Man tut erst dann etwas, wenn Druck aus der EU kommt." Das mangelnde Bewusstsein liege zum Teil daran, dass niemand weiß, wie groß das Problem Diskriminierung de facto ist: "Wir bekommen mit, was in den Medien berichtet wird, und was die NGOs an Beschwerden sammeln. Aber das ist ja nur ein kleiner Teil dessen, was wirklich passiert", so Wladasch. Andere Staaten hätten ausgereifte Dokumentationen über Diskriminierungsvorfälle, in Österreich gebe es hier nichts. Wobei Wladasch davor warnt, es bei der Sammlung von Beschwerden zu belassen: Es brauche eine breit angelegte Forschung, um auch jenen Diskriminierungen aufzuspüren, über die sich niemand beschwert, etwa mangelnden Chancen am Arbeitsmarkt.

Geringer Schadensersatz

Für Betroffene, die ihre Rechte durchsetzen möchten, sei schon viel getan worden, betont Volker Frey, Generalsekretär des Klagsverbands. An der - auch von der EU geforderten - Abschreckungswirkung der Strafen für Diskriminierungstäter mangle es aber noch: So gehe es hierzulande bei Gleichbehandlungsprozessen gegen Unternehmen, die beispielsweise MigrantInnen aufgrund der Hautfarbe nicht einstellen wollen, noch um Schadensersatzzahlungen in der Größenordnung von zwei Monatsgehältern. In Großbritannien würde die Summe eines ganzen Jahresgehalts verhängt.

Wegen seiner zögerlichen Haltung in Sachen Antirassismus dürfte sich Österreich im kommenden Jahr übrigens auch in der Schweiz blamieren: Bereits 2001 hatte sich Österreich zur Erstellung eines "Natinonalen Aktionsplans gegen Rassimus" verpflichtet, der 2009 in Genf präsentiert werden soll. "Bis heute ist nichts passiert", so Liegl.

Erst im August hatte das UNO-Komitee zur Beseitigung von Rassismus (CERD) in seinem Länderbericht herbe Kritik an Österreich geübt: Der Staat müsse mehr gegen systematische Diskriminierungen von Minderheiten tun (derStandard.at berichtete). (Maria Sterkl, derStandard.at, 20.11.2008)