Jerusalem/New York/Genf - Israels Weigerung, dem Aufruf von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon Folge zu leisten und die Grenze zum Gaza-Streifen für dringend benötigte humanitäre Lieferungen zur Versorgung der palästinensischen Bevölkerung zu öffnen, ruft internationale Kritik hervor. Die Sperre treffe primär die Zivilbevölkerung und sei "sicher nicht der Weg, um die Menschen im Nahen Osten für Friedensansätze zu gewinnen", bedauerte die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik am Donnerstag in einer Aussendung. Nach seinen Unterredungen mit Israels Premier Ehud Olmert hat König Abdullah II. von Jordanien unterdessen den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas empfangen. Der haschemitische Monarch möchte Israel von größeren Militäroperationen gegen das Küstengebiet abbringen.

Ban: "Tiefe Sorge"

Der UNO-Generalsekretär hatte in einem Telefonat mit Olmert "tiefe Sorge über die Folgen der sich verschlechternden humanitären Lage in Gaza" geäußert. Die Menschenrechtskommissarin der Vereinten Nationen, Navanethem Pillay, hat Israel Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht vorgeworfen. Eineinhalb Millionen Palästinensern, die Hälfte davon Kinder und Jugendliche, würden dadurch grundlegendste Rechte vorenthalten. Der palästinensische Präsident Abbas sprach von einem Kriegsverbrechen.

Berichterstattung

Wie der israelische Rundfunk am Donnerstag unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter berichtete, traf Olmert bereits am Dienstag mit dem jordanischen König zusammen. Dieser habe Israel aufgerufen, trotz der gestiegenen Gewalt auf größere militärische Einsätze im Gaza-Streifen zu verzichten. Olmert, der von Verteidigungsminister Ehud Barak begleitet wurde, sagte laut Armeerundfunk, Israel könne nicht länger Zurückhaltung üben, sollte die den Gaza-Streifen beherrschende Hamas die Raketenangriffe auf israelisches Gebiet fortsetzen. In den vergangenen zwei Wochen wurden nach israelischer Zählung mehr als 170 Raketen auf Südisrael abgeschossen, in diesem Zeitraum wurden 17 Palästinenser bei israelischen Militäraktionen im Gaza-Streifen getötet.

Internationale Nachrichtenmedien haben bei der israelischen Regierung gegen die Sperrung des Gaza-Streifens für Journalisten protestiert. In einem Schreiben an Ministerpräsident Olmert forderten die Nachrichtenagenturen Associated Press (AP) und Reuters sowie der Sender BBC und die "New York Times" den Zugang ausländischer Journalisten zu dem Küstengebiet. Zuvor hatte der Verband der Auslandskorrespondenten in Israel dagegen protestiert, dass Journalisten nicht mehr zur Berichterstattung in den Gaza-Streifen fahren dürfen. Die israelische Maßnahme komme einer ernsthaften Verletzung der Pressefreiheit gleich, hieß es in einer Erklärung; "wir betrachten das als einen skrupellosen Bruch der Pflicht der israelischen Regierung, Journalisten die Arbeit in der Region zu erlauben."

Anti-Rassismus-Konferenz

Israel hat unterdessen seine Teilnahme an der internationalen Anti-Rassismus-Konferenz "Durban II" im kommenden Jahr abgesagt. "Die Konferenz scheint erneut in Richtung eines antiisraelischen Tribunals zu steuern", sagte Außenministerin Tzipi Livni am Mittwoch in Jerusalem. Dies habe nichts mit dem Kampf gegen Rassismus zu tun. Das Treffen im April 2009 in Genf werde als "antiisraelische und antisemitische Plattform" missbraucht. Durban II ist Fortsetzung der ersten weltweiten Anti-Rassismus-Konferenz, die im September 2001 in der gleichnamigen südafrikanischen Stadt stattgefunden hatte.

Likud-Block in Umfragen vorne

Die palästinensische Regierung warb am Donnerstag in Zeitungsanzeigen in Israel für den von Saudi-Arabien initiierten Friedensplan, der die Verpflichtung der arabischen Staaten enthält, normale Beziehungen zu Israel aufzunehmen und dessen Sicherheit zu garantieren, wenn es alle 1967 besetzten Gebiete räumt. Israel will aber aus Sicherheitsgründen an strategisch wichtigen Teilen des Westjordanlandes festhalten. Die sieben wichtigsten Punkte des Planes wurden in Anzeigen in den drei größten Zeitungen "Yedioth Ahronoth", "Maariv" und "Haaretz" veröffentlicht. Mit der Kampagne sollten die Israels über den 2002 vorgelegten Plan informiert werden, sagte der palästinensische Präsidentenberater Yasser Abed Rabbo. Bisher sei er vor allem von extrem rechten Kräften in Israel als Verschwörung gegen Israel interpretiert worden.

Zwölf Wochen vor der Parlamentswahl in Israel hat der oppositionelle rechtsgerichtete Likud-Block unter Ex-Premier Benjamin Netanyahu die Führung in den Umfragen übernommen. Nach dem am Donnerstag von der Tageszeitung "Haaretz" veröffentlichten Ergebnis einer Erhebung kann Likud mit 34 der 120 Knesset-Mandate rechnen, zwölf mehr als im jetzigen Parlament. Die bisher regierende Kadima-Partei unter der Führung von Außenministerin Tzipi Livni würde demnach nur auf 28 Abgeordnetensitze kommen. Netanyahu lehnt die gegenwärtigen Friedensverhandlungen mit dem Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung ab. (APA/AFP/Reuters)