In Deutschland kaufen sich die Bundesländer die LehrerInnen gegenseitig ab.

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Der sogenannte Schweinezyklus rächt sich im deutschsprachigem Raum: Handelt die Politik nicht innerhalb der nächsten Jahre, so fehlen in 15 Jahren in der Schweiz, Österreich und Deutschland rund 600.000 Lehrkräfte, warnen Vertreter aus den drei Ländern.

"Die Besten der Besten"

Beat Zemp, Vorsitzender des Dachverbandes Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) bezeichnet die Entwicklungen als "kriminell". Jährlich bilden die sieben Pädagogischen Hochschulen in der Schweiz rund 1.500 LehrerInnen aus: "Davon bleibt aber nur ein Teil in diesem Berufsfeld." Der Grund sei die fehlende Attraktivität des LehrerInnenberufs.

"Wir brauchen die Besten der Besten für die Kleinsten. Aber warum sollen die die Bedingungen an den Schulen in Kauf nehmen, wenn sie einen Job mit größerer Prestige und besserem Gehalt haben können", bringt Walter Riegler, Vorsitzender der österreichischen PflichtschullehrerInnen das Dilemma auf den Punkt. Derzeit sind laut Riegler 65.000 LehrerInnen an Pflichtschulen im Dienst. In den nächsten zehn Jahren werden davon 23.300 in Pension gehen. "Nach Auskunft der Pädagogischen Hochschulen können jedoch nur 11.000 nachrekrutiert werden", so der Gewerkschafter.

Abverkauf von LehrerInnen

In Wien haben zu Beginn dieses Schuljahres 350 LehrerInnen gefehlt. Um die Stellen zu besetzen, habe man alles aufgegriffen, was auf Reserve war - was laut Riegler deshalb problematisch ist, "da ja nur die Besten unterrichten sollen."

Ludwig Eckinger vom deutschen Verband für Bildung und Erziehung kennt das Problem: "Bei uns kaufen sich die Bundesländer gegenseitig die LehrerInnen ab." Von den 800.000 deutschen LehrerInnen sind mehr als die Hälfte 50 Jahre oder älter. Quereinsteiger aus der Wirtschaft in die Schulen zu schicken, sei eine Notmaßnahme, aber keine Lösung.

Mit der "Wiener Erklärung", wie die drei LehrerInnenvertreter ihren Zusammenschluss nennen, erhoffen sie sich, „dass die Politik Maßnahmen setzt und wir gemeinsam den Bildungsgipfel erklimmen können." Immerhin habe man zumindest in Österreich schon vor 30 Jahren gewusst, wie sich die Alterskurve entwickelt, kritisiert Riegler. "Die Politik hat es nicht geschafft, den Schweinezyklus zu durchbrechen", ergänzt Eckinger. Während man vor wenigen Jahren davor warnte, dass es nicht genug Platz für die angehenden LehrerInnen gäbe, habe man verpasst, eine Strategie für die Zukunft zu erarbeiten.

Gleiche Ausbildung für alle

Die drei LehrerInnenvertreter sind sich einig, dass die Ausbildung aufgewertet werden muss: VolkschullehrerInnen und KindergartenpädagogInnen sollen ebenfalls eine universitäre Ausbildung absolvieren - "Jedoch nicht als Schmalspurakademiker mit Bachelor, sondern mit Master-Abschluss."

Neben der Verbesserung der Ausbildung wünscht sich die "Wiener Erklärung" noch weitere Maßnahmen. "Die Gehälter müssen wieder ein Anreiz sein, diesen Beruf anzustreben", meint der Schweizer Zemp. Und die Pflichtstunden sollen reduziert werden, damit die LehrerInnen mehr Zeit haben, sich fortzubilden und SchülerInnen zu beraten. (lis/derStandard.at, 20. November 2008)