Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: APA

Wien - Finanz- und Wirtschaftskrise sind in Linz angekommen: Der Stahl- und Verarbeitungskonzern Voestalpine will nicht "für die Lager produzieren" und fährt die Stahlproduktion um drei bis fünf Prozent zurück. "Wir werden die Produktion auf das auf dem Markt vertretbare Maß zurückführen, kündigte Voest-General Wolfgang Eder am Donnerstag bei Vorlage der Halbjahreszahlen an.

Weihnachstferien

Heißt konkret: Die Linzer Voestler müssen tun, was seit dem Börsengang 1995 kein Thema war: Zwei Wochen Weihnachtsferien machen, weil die Produktion in Linz heruntergefahren wird. Falls sich an der massiv eingebrochenen Nachfrage seitens Auto-, Nutzfahrzeuge- und Hausgeräteherstellern, Öl- und Gasindustrie sowie Bau- und Maschinenbau nichts bessert, ist im Februar mit einer weiteren Woche Betriebsstillstand zu rechnen. Mit diesen Maßnahmen wird der Output um 150.000 bis 250.000 Tonnen Stahl reduziert.
Eder hofft, mittels Abbau von Überstunden und Urlaubstagen die Stammbelegschaft - in Österreich beschäftigt die Voest rund 20.000 Arbeitnehmer, weltweit sind es seit der Böhler-Übernahme 42.000 - die Stammbelegschaft und deren Know-how halten zu können. Für die rund 2000 Leasing-Arbeitskräfte reicht der Auftragsbestand offensichtlich nicht aus, sie müssen mit blauen Briefen rechnen. Wie ernst die Lage ist, zeigt ein Blick auf Märkte mit Minus- oder Nullwachstum wie Frankreich, Italien und Spanien. Dort muss auch die Stammbelegschaft verkleinert werden.

Weniger Investitionen

Herunterfahren muss die Voest im nächsten Geschäftsjahr (ab 1. April 2009) auch die Investitionen, und zwar querbeet um 30 Prozent. Aber nicht die dritte Milliarde Euro in Linz (L6), wie Eder betont ("sie ist bereits auf Schiene" ), wohl aber alle anderen Investitionen in den fünf Divisionen (inklusive Böhler-Uddeholm); das Volumen wird auf 700 Millionen Euro gesenkt. Milliardenstaatshilfen für einzelne Branchen, wie sie auf Drängen der Autobauer intensiv diskutiert werden und für die sich - freilich unter dem Titel Konjunkturpaket - neuerdings auch die Industriellenvereinigung erwärmen kann, steht der Voest-Chef trotz ungewisser und pessimistischer Konjunkturaussicht dennoch sehr reserviert gegenüber: "Die Frage ist, ob damit nicht erhaltenswerte Strukturen einzementiert werden. Das sollte nicht das Ziel sein."
Äußerst zurückhaltend war, wenig verwunderlich, Eders Ausblick. Die leichtere Übung war - dank langfristiger Liefer- und Abnahmeverträge - noch das Gesamtjahr 2008/09. Da die Geschäfte noch gut liefen, werde man trotz spürbarer Abschwächung seit dem Spätsommer wieder das Vorjahresniveau schaffen. Als Messlatte nannte Eder einen operativen Gewinn (Ebit) von 1,6 Milliarden Euro (vor Kaufpreisallokation Böhler). Unter dem Strich sollen wieder 1,41 Mrd. Euro stehen.

Anderes Zeitalter

Die Zahlen im ersten Halbjahr klingen wie aus einem anderen Zeitalter: Das Ebit stieg um 27,4 Prozent auf 616,5 Mio. Euro und der Nettogewinn um 19,5 Prozent auf 518,8 Mio. Euro. Gesunken, aber noch immer höher als geplant (wegen des Böhler-Kaufs und der Dividendenzahlung) ist die Nettofinanzverschuldung (Gearing) mit 91,6 Prozent des Eigenkapitals. Sie soll bis 31. März auf unter 80 Prozent sinken. Das Eigenkapital stieg auf 4,21 Mrd. Euro. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.11.2008)