Vojislav Seselj vor dem UN-Tribunal in Den Haag. Er hat sich den Ermittlern des Tribunals freiwillig gestellt

Belgrad - Ein ehemaliger Freischärler hat den serbischen Ultranationalisten Vojislav Seselj der Kriegsverbrechen beschuldigt. Seselj, der sich Anfang dieser Woche freiwillig dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gestellt hat, habe im Februar 1993 die Entführung und Ermordung von 19 Moslems befohlen, sagte der Ex-Freischärler Dusan Petrovic dem Belgrader Sender B-92. Petrovic hat nach eigenen Angaben selbst dieser Freischärler-Gruppe angehört, die die Moslems aus einem Zug kidnappten und danach im ostbosnischen Visegrad ermordeten.

Kostunica: "Prozess gegen Staat und Volk"

Der noch amtierende jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica sieht im Verfahren gegen Seselj vor dem UNO-Tribunal "viele Elemente eines konstruierten Prozesses gegen einen Staat und ein Volk". Die Regierung Serbiens müsse dem Haager Gericht Beweise über Verbrechen an der serbischen Bevölkerung in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und Kosovo zur Verfügung stellen, forderte der Vorsitzende der Demokratischen Partei Serbiens in der Tageszeitung "Blic".

Unterdessen hat der Leiter der UNO-Mission im Kosovo (UNMIK), Michael Steiner, betont, dass das Haager Gericht, nicht "doppelte Standards" anwenden dürfte. Es dürfe nicht nur den Serben für die Ereignisse in Kosovo und anderen von Krieg betroffenen Teilen Ex-Jugoslawiens der Prozess gemacht werden, wurde Steiner von "B-92" zitiert. Sollte tatsächlich Kriegsverbrechern der Prozess gemacht werden, dürften nicht nur Serben verurteilt und Albaner als Unschuldige behandelt werden, fügte er hinzu. (APA)