Die Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom weitet sich aus. Von den Bespitzelungen in den Jahren 2005 und 2006 seien nach aktuellen Erkenntnissen bereits 60 Menschen betroffen, bestätigte der Bonner Oberstaatsanwalt Fred Apostel am Mittwoch einen Vorabbericht des "Stern". Bis jetzt hatte die Staatsanwaltschaft die Zahl der Betroffenen mit 55 angegeben. Apostel wollte nicht ausschließen, dass "noch einige hinzukommen werden". Die Ermittler hätten derzeit erst rund 20 Prozent der vorliegenden Daten geprüft.

Kinder

Zu den Bespitzelten zählen Medienberichten zufolge auch Menschen, die beruflich mit der Telekom kaum oder gar keine Berührungspunkte hatten und als "undichte Stellen" nie wirklich infrage kamen. Letztes gelte etwa für die Kinder zweier Telekom-Aufsichtsräte, berichtete das "Handelsblatt" am Mittwoch unter Berufung auf die Namensliste, die der Zeitung vorliege.

Laut "Stern" wurde neben DGB-Chef Michael Sommer und dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske auch DGB-Bundesvorstandsmitglied Dietmar Hexel ausgespäht. "Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass ich betroffen bin", sagte Hexel der Zeitschrift. "Ich habe mit der Telekom gar nichts zu tun. Ich ziehe daraus den Schluss, dass ich wichtige Dinge nicht mehr am Telefon besprechen kann."

Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses

Übereinstimmend berichteten "Handelsblatt" und "Stern", dass auch die Sekretärin des damaligen Telekom-Chefs Kai-Uwe Ricke zu den Bespitzelten gehört. Ricke zählt mit dem früheren Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel zu den insgesamt acht Beschuldigten, gegen die Ermittlungen der Bonner Staatsanwaltschaft laufen. Wegen Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz und Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses haben die Strafverfolger außerdem drei Mitarbeiter der Telekom-Konzernsicherheit, zwei Beschäftigte von T-Mobile und einen externen Dienstleister ins Visier genommen.

Die Telekom hatte eingestanden, Telefonverbindungen zwischen Journalisten und Aufsichtsratsmitgliedern abgeglichen zu haben, um undichte Stellen im Konzern ausfindig zu machen. Bei den Betroffenen wächst nun laut "Stern" der Verdacht, dass sich die Sicherheitsabteilung nicht nur Zugang zu Verbindungsdaten verschaffte, sondern auch zu Inhalten von Gesprächen oder Mail-Verkehr.

"Ich gehe davon aus, dass auch ich abgehört wurde"

"Ich gehe davon aus, dass auch ich abgehört wurde", zitierte der "Stern" den Betriebsrat Wolfgang Borkenstein, dessen Handy-Daten demnach ebenfalls ausgespäht wurden. "Verbindungsdaten machen doch sonst gar keinen Sinn." Verdi-Vorstand und Telekom-Aufsichtsratsvizechef Lothar Schröder geht laut "Handelsblatt" ebenfalls davon aus, dass die Telekom die Anschlüsse auch abhörte. (APA)