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Traian Basescu (li.), der Präsident mit den lockeren Sprüchen ist in Rumänien sehr beliebt. Seine Partei PD will mit den Liberalen koalieren. PD-Kandidat für das Premiersamt ist Theodor Stolojan (re.).

Foto: AP/Ghirda

Doch nur, wenn Premierminister Calin Tariceanu das Feld räumt.

Bukarest/Wien – Zwischen grellgelben Turnschuhen und H&M-Models tauchen auf den Plakaten in Bukarest zurzeit auch Politiker auf. Die meisten lächeln. Nur Anca Boagiu schaut genauso ernst wie sie auch dreinschaut, wenn sie sich in dem Parteigebäude der Demokraten (PD) vor den Kamin auf die Couch setzt und über rumänische Politik redet. Frau Boagiu weiß, dass lange Pausen zwischen den Sätzen wirken. Sie ist sehr ruhig. Ihre Partei liegt kurz vor den Parlamentswahlen am 30. November zwischen 32 und 38 Prozent, jedenfalls vor allen Mitbewerbern.

Dafür sorgt vor allem der beliebte hemdsärmelige Präsident Traian Basescu, der Übervater der PD. "Die Partei hat nur ein Projekt, und das ist Basescu", sagt Cristian Pirvulescu, der Dekan der Fakultät für politische Studien in Bukarest zum Standard. Das heißt allerdings nicht, dass die anderen Parteien mehr Konzepte haben. "Es gibt keine ideologischen Debatten, weil es jenseits der neoliberalen Vision keine andere gibt", sagt Pirvulescu. Zunächst stritt man über eine 50-prozentige Anhebung der Lehrergehälter. Dann kam die Finanzkrise, das Dacia-Werk musste vor drei Wochen zusperren, keiner weiß, wann es wieder aufsperren wird. Auch eine Coca-Cola-Fabrik wurde geschlossen.

In Rumänien, das in den vergangenen Jahren Wachstumsraten von acht Prozent hatte, redet man nur mehr von der "Kriza" . Konzepte dagegen gibt es kaum. Zumindest der Dauerstreit zwischen Präsident Basescu und Premier Calin Popescu-Tariceanu dürfte aber nach den Wahlen beendet sein. Tariceanus Tage gelten als gezählt. Seine liberale Partei liegt Umfragen zufolge bei 18 Prozent, abgeschlagen hinter den Sozialdemokraten (PSD) mit 31 bis 32 Prozent.

Offen bleibt, wer mit wem koalieren wird. Die Mitte-rechts-Partei PD will am liebsten eine Wiederauflage der im April 2007 gescheiterten Koalition mit der PNL, allerdings nur unter der Bedingung, dass Tariceanu und sein Flügel sich zurückziehen. "Tariceanu hat das Schlimmste getan, was man einem Land antun kann", sagt die PD-Vizechefin Boagiu. Man habe aber nicht gegen alle in der PNL etwas. Der PD-Kandidat für das Amt des Premierministers Theodor Stolojan kommt sogar aus der PNL und ist erst später zur PD übergelaufen. Ihm wird zugetraut, das Verhältnis nach einem Abgang von Tariceanu zu kitten. Der hat allerdings einen ebenfalls sehr mächtigen Fürsprecher: Dinu Patriciu ist Boss der Rompetrol, der reichste Mann Rumäniens und Mitbegründer der PNL. Zur Wahl steht auch eine sozialdemokratisch geführte Regierung unter Ex-Außenminister Mircea Geoana, der zwar selbst reformorientiert ist, aber über keine Basis verfügt. Die wirtschaftsliberale PNL ist für die PSD als Koalitionspartner nicht wirklich geeignet. Und die PD will niemals mit der PSD koalieren, "solange sie diese korrupten Leute haben und die Wahrheit verbergen", sagt Boagiu. Die PSD verweigert tatsächlich jegliche Auseinandersetzung mit den Verbrechen im Kommunismus. PSD-Vize-Chef Cristian Diaconescu ist etwa überzeugt, dass die Securitate "niemanden umgebracht hat". 2006 stellte eine Kommission fest, dass zwei Millionen Rumänen rechtswidrig eingesperrt waren. Ein Viertel davon starb. (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 19.11.2008)