Berlin - In Deutschland regt sich Kritik an den geplanten Milliardenhilfen für die kränkelnde Autoindustrie. "Die Politik verspricht zu schnell staatliche Hilfen. Ich fordere die Bundesregierung auf, sorgfältig zu prüfen, ob die Steuergelder sinnvoll eingesetzt sind", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl-Heinz Däke, der "Bild am Sonntag". Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte dagegen dem "Tagesspiegel am Sonntag", die Bundesregierung habe bereits Prüfaufträge für weitergehende Stützmaßnahmen vergeben, die über eine Hilfe für den Autokonzern Opel hinausgingen.

Däke warnte vor weitreichenden Hilfen. Es sei zu befürchten, "dass der Steuerzahler zwar für die Milliarden-Opel-Bürgschaft aufkommen muss, aber die Arbeitsplätze weiter in Gefahr sind", sagte er der "Bild am Sonntag". Der Wirtschaftsexperte Willi Diez von der Universität Geislingen warnte demnach, es müsse aufgepasst werden, dass durch Hilfen für Opel nicht die Verluste des Mutterkonzerns General Motors (GM) in den USA finanziert würden.

Auch der Vizechef der oppositionellen Liberalen (FDP), Rainer Brüderle, forderte, das Für und Wider bei staatlichen Hilfen sorgfältig zu prüfen. "Man muss den Menschen ehrlich sagen, dass der Staat zukünftig nicht bei jedem Konzern einspringen kann", sagte Brüderle der Zeitung.

Opel hatte Bund und Länder am Freitag um Bürgschaften gebeten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lud Konzernspitze und Betriebsrat daraufhin für Montag ins Kanzleramt ein. Bei dem Treffen sollten Hilfsmöglichkeiten für Opel ausgelotet werden, kündigte Merkel am Rande des Weltfinanzgipfels in Washington an.

Die deutsche Regierung will offenbar auch andere Autohersteller in der Krise unterstützen. Nach einer entsprechenden Forderung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) sagte Gabriel dem "Tagesspiegel am Sonntag", die Große Koalition habe bereits Prüfaufträge für weitergehende Stützmaßnahmen vergeben. Als mögliche Zusatzmaßnahmen nannte er höhere Kreditlinien der KfW zum Kauf von Autos, um die Kreditzinsen für Käufer zu senken, sowie die Einführung einer Verschrottungsprämie. Im Rahmen des von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vorgeschlagenen "Europäischen Zukunftspakts für Arbeit" könne außerdem über Investitionen in batteriegetriebene Fahrzeuge gesprochen werden, sagte Gabriel.

Linkspartei-Vorstandsmitglied Bodo Ramelow sprach sich für eine Beteiligung der Länder an Opel aus. "Bei Opel muss jetzt schnell gehandelt werden, damit das Unternehmen nicht in den Pleitestrudel von General Motors gerät", sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Im Gegenzug solle Opel seine Produktionsstätten in Deutschland "als Sicherheit einbringen". Dies eröffne die Möglichkeit, Opel später nach dem VW-Vorbild unter Beteiligung der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen eine eigenständige Zukunft zu geben.

Die IG Metall sieht angesichts der Krise bei Opel keinen Anlass, die gerade beschlossenen Lohnerhöhungen von 4,2 Prozent auszusetzen. IG-Metall-Sprecher Georgios Arwanitidis sagte der "Bild am Sonntag": "Es gibt keinen Grund, am Tarifvertrag zu rütteln. Sollte ein einzelnes Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, hat die IG Metall schon vor Jahren mit den Arbeitgebern vereinbart, dass man unter bestimmten Bedingungen vom Tarifvertrag abweichen kann." (APA)