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Der Mammon geizt mit sich nicht nur im Salzburger "Jedermann".

Foto: AP /Kerstin Joensson

Man kann nicht guten Gewissens behaupten, dass dem Gelde, an dessen Besitz unsere Kultur das Wohlergehen ihrer Teilhaber knüpft, ein besonders guter Leumund beschieden wäre.

Im Bibelbegriff des "Mammons" spricht sich von Anfang an eine moralische Schlechtigkeit aus, die der dem Geld inhärenten Tendenz zur Haufenbildung abgeschaut ist. Das Flüssigmachen und Verwenden von Geldmitteln muss an und für sich nichts Böses bedeuten. Hierin wissen sich bereits die Bibel-Autoren Matthäus und Lukas einig. Lediglich übertreiben sollte man die blinde Sammelgier nicht: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon", postuliert der eine (Mt. 6,24). Noch zweckdienlicher, weil nachlebenspraktischer, tönt der Hinweis von Lukas (16,9): "Macht euch Freunde mit Hilfe des ungerechten Mammons, damit ihr in die ewigen Wohnungen aufgenommen werdet, wenn es (mit euch) zu Ende geht."

Dieser aufmunternde Beitrag zur metaphysischen Vorsorge wird fortan den Leumund des Zasters prägen: Wer Mammon rafft, tut dies nicht etwa, um seinen volkswirtschaftlichen Pflichten als Konsument nachzukommen - auch wenn man einräumen muss, dass sich die Bibel in Fragen der wirtschaftlichen Binnennachfrage auffällig bedeckt hält.

Vielmehr trifft die Furcht vor der "unproduktiven" Anhäufung des errafften Guts den Nerv jeder moralisch argumentierenden Geldentwertung. Was du nicht ausgibst, kommt auch niemandem zugute - schon gar nicht denjenigen, die ohnedies nichts besitzen!

Die berühmte "Schnödigkeit" des Mammons rührt daher von den Ungerechtigkeiten, die er schafft: Nur unter Wenig-Besitzern vermag sich der Begüterte seines Vorteils zu erfreuen. Zum anderen besitzt die Pinke eine merkwürdige Vorliebe, sich spurlos zu verdünnisieren, zumal in den Augen derjenigen, die ihren Besitz sowieso nur vom Hörensagen kennen.

Egal, ob der Mammon daher aus dem Aramäischen herstammt (von "mamona": Vermögen, Besitz) und in der nämlichen Sprache dasjenige meint, "worauf man vertraut" - er pflegt seine Herren zu unterjochen und stimmt die Bedauernswerten, die ihm atemlos hinterherjagen, dauerhaft gereizt.

Seine Verkörperung als züngelndes Scheusal, das aus der Kiste steigt, verdanken wir bekanntlich Hugo von Hofmannsthal: Im Jedermann ist das Geld ein Spielverderber, weil das letzte Hemd des Sterblichen keinen modischen Aufnäher besitzt, in dem man es sicher - und verzinslich - verstauen könnte. Ein Jammer! (Ronald Pohl/ DER STANDARD/Printausgabe, 15./16.11.2008)