Saskatoon/Graz - Percy Schmeiser, 78-jähriger Farmer aus Bruno in der kanadischen Provinz Saskatchewan, gegen Monsanto, 107-jähriger Agrochemie-Multi: Ein Kampf, der in Kanada gern als "David gegen Goliath" bezeichnet wird. Der eine ist Biobauer aus Überzeugung, der mit seiner Frau Louise über 40 Jahre Saatgutentwicklung betrieb. Der andere war unter anderem der Hersteller des im Vietnamkrieg eingesetzten chemischen Kampfstoffes Agent Orange. Klagen der Opfer von Agent Orange gegen den Konzern, der mit Sitz in St. Louis weltweit operiert und mit seinen Süßstoffen, Pestiziden und genmanipuliertem Saatgut 2007 einen Umsatz von 8,6 Milliarden Dollar machte, wurden 2005 abgewiesen.

Wo der Konzern selbst klagte, war er bisher fast immer erfolgreich. Ganze Uni-Abteilungen in den USA, wo Studien erstellt wurden, die Monsanto-Produkten negative Gesundheitsgefährdungen nachwiesen, wurden geschlossen - offiziell wegen Geldmangels.

"Vom Lastwagen gefallen"

1997 klagte Monsanto Percy Schmeiser. Warum? "Weil etwas von einem Lastwagen auf unser Land fiel", erklärt Schmeiser im STANDARD-Gespräch in Graz, wo er vor einer Woche das Elevate-Festival eröffnete, "auch Pollenflug ist möglich". Der Bauer, der gemeinsam mit seiner Frau 2007 den Alternativen Nobelpreis für den Kampf für die Erhaltung biologischer Vielfalt erhielt, jettet nun um die Welt, um auf Elite-Unis oder Kongressen zu referieren.

Denn das, was auf den Rand eines Feldes der Schmeisers fiel, war von Monsanto patentiertes, gentechnisch manipuliertes Saatgut. Einzelne daraus erwachsene Rapspflanzen, die Monsanto-Leute bei "Erkundungsfahrten" entdeckten, waren daher Besitz des Konzerns und "durch das Patentrecht damit auch unser ganzes Land", so Schmeiser. Es seien solche Gesetze, "die es Konzernen ermöglichen, übermächtig zu werden".

Was dann passierte, spielt sich weltweit oft so ab. Monsanto forderte Schadenersatz von dem Bauern und bot ihm einen Vergleich an: Er sollte sich verpflichten, künftig Monsanto-Produkte zu kaufen und niemals mehr über die Geschichte zu sprechen. Doch Schmeiser drehte trotz Einschüchterungsversuchen den Spieß um: Er klagte den mächtigen Konzern wegen der Verunreinigung seiner Felder und zog bis vor den Obersten Gerichtshof. Seine Nachbarn sollten gegen ihn aussagen, hielten aber zum kämpferischen Farmer. "Nicht alle sind käuflich", erzählt Schmeiser schmunzelnd, "wir sind Freunde, unsere Kinder spielen zusammen Hockey."

Im März 2008 bekam Schmeiser Recht: Monsanto musste 660 Dollar Schadenersatz zahlen - ein Präzedenzfall. Die Familie kosteten die Prozesse 20.000 Dollar. "Meine Nachbarn scherzten, dass ich früher ein guter Geschäftsmann gewesen sei", erzählt Schmeiser, "aber ich habe ihnen gesagt, ich habe noch nie 20.000 Dollar so gut investiert." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD - Printausgabe, 15./16. November 2008)