Wien - Nach fünf Runden und so zähem Ringen wie seit Jahren nicht mehr ist es vollbracht: Die Kollektivverträge für 520.000 Beschäftigte in Österreichs Handel sind unter Dach und Fach. Ab Jänner gibt es für Mitarbeiter mit Einkommen bis 1.400 Euro um 3,7 Prozent mehr Gehalt. Wer mehr verdient, erhält plus 3,6 Prozent. Die Mindest- und Ist-Gehälter in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie werden zugleich um 3,65 Prozent angehoben. Darüber hinaus wird das Kilometergeld auf die amtlichen Sätze erhöht. Bestehende KV-Überzahlungen bleiben in jedem Fall aufrecht.

"Gerade noch verkraftbar"

Der Chefverhandler aufseiten der Arbeitgeber, Alois Wichtl, bezeichnete des Ergebnis als einen guten Kompromiss, der allerdings gerade noch verkraftbar sei. "Es sind diesmal beide Verhandler an ihre Grenzen gegangen", sagte der Gewerkschafter Manfred Wolf in einer ersten Reaktion dem STANDARD.

Die Rahmenbedingungen seien angesichts der trüben Wirtschaftsaussichten schwieriger denn je gewesen. Der Abschluss sei vertretbar. Wolf: "Wir konnten für die Bezieher niedriger Einkommen stärkere Erhöhungen herausholen."

Im Vorjahr wurden die Gehälter im Handel per 1. Jänner 2008 um 3,1 Prozent bzw. um mindestens 45 Euro erhöht. Was die Vorgaben der Metaller betrifft: Sie einigten sich heuer auf eine Erhöhung der Mindest- und Ist-Löhne um 3,8 bzw. 3,9 Prozent. Arbeitsrechtliche Aspekte wurden im Handel dieses Jahr weitgehend ausgeklammert.

Bewältigung eines Spagats

Die Hürden auf dem Weg zur Einigung: Der sinkende Konsum der Österreicher setzt dem Handel hart zu. Die ersten neun Monate endeten mit einem realen Umsatzminus. Dass sich bis Jahresende noch ein Plus ausgeht, gilt als unwahrscheinlich. Kleine Händler stehen massiv unter Druck, gute Gewinne erzielen meist nur große Ketten.

Hohe Energie- und Lebensmittelpreise haben andererseits die Inflation angeheizt. Und das trifft vor allem die Gruppe der Kleinverdiener, zu der traditionell die Angestellten im Handel zählen. (vk, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.11.2008)