Wien - Interview mit dem ehemaligen Skirennläufer Karl Schranz anlässlich dessen 70. Geburtstages: ~

Trotz drei WM-Titel und zwei Weltcup-Gesamtsiege erinnert man sich bei Karl Schranz in erster Linie an den Olympia-Ausschluss 1972 und Hunderttausende Menschen am Wiener Ballhausplatz. Warum?

Schranz: "Ganz Österreich hat sich damals ausgeschlossen gefühlt und sich das nicht gefallen lassen. So etwas mag ein kleines Land nicht. Mit den Italienern oder Deutschen hätte man sich das nie getraut."

Sie wurden damals um die vierte und letzte Chance auf Olympiagold gebracht, haben dafür aber dem Profisport den Weg geebnet. Stolz darauf?

Schranz: "Der ganze Skisport stand damals auf der olympischen Kippe. Mein Fall hat nicht nur das verhindert. Als Märtyrer sehe ich mich deshalb aber nicht. Ich bin nur ein Sportler, der viel erleben durfte und dem halt alles widerfahren ist, was es in diesem Sport gibt. Was mir alles passiert ist, geht auf keine Kuhhaut."

Zum Beispiel die Disqualifikation 1968 in Grenoble, als Sie kurz sogar Slalom-Olympiasieger waren?

Schranz: "Ich bin damals nach 15 Toren aus dem Kurs gefahren und stehengeblieben, weil ein Gendarm auf der Piste war. Man hat mich nochmals fahren lassen, nach Gesamtbestzeit aber disqualifiziert. Ich frage heute noch den Jean-Claude Killy nach 'meiner' Goldmedaille, wenn ich ihn treffe."

Skirennen zu bestreiten war zu ihrer Zeit noch gefährlicher als heute. Hat Sie das Schicksal auf andere Weise versöhnt?

Schranz: "Natürlich. Man darf nicht vergessen, dass ich ja auch sehr, sehr viele Erfolge hatte und bei all den Rennen zumindest zwei Schutzengel gehabt haben muss. Nur bei Olympia waren die halt stets auf Urlaub."

Sie galten lange als egoistischer Sturkopf. Warum das?

Schranz: "Mir ist als Achtjährigem das Elternhaus abgebrannt, mein Vater ist mit nur 49 Jahren an Krebs gestorben. Da entwickelt man Abwehrstoffe. Diese haben mich alles schaffen lassen. Aber einen Psychologen habe ich nie gebraucht. Als Einzelsportler musst du auch Egoist sein."

Trotzdem hätten Sie wohl alle Medaillen zurückgegeben, als Sie von der Krebserkrankung ihrer Tochter erfuhren, oder?

Schranz: "Und mein Hotel dazu. Ich wusste meine ganze Karriere lang bei Krisen, was zu tun war. Da aber war plötzlich der Ofen aus. Wir haben auf die klassische Medizin vertraut und die hat gesiegt. Wenn dein Kind krank ist, relativiert das alles, was dir bis dahin in deinem Leben an Schlechtem widerfahren ist."

Sie haben 2001 die WM nach St. Anton geholt und sind seitdem Ehrenbürger. Stolz darauf?

Schranz: "Natürlich. Das war schwieriger, als Weltmeister zu werden". APA: Sie gelten als persönlicher Freund von Wladimir Putin. Beraten Sie ihn weiterhin bezüglich Sotschi 2014? Schranz: "Ich habe eine Stillhalteposition, war aber nie Berater. Höchstens ein Ratgeber aus persönlicher Freundschaft."

Sie haben dem Profisport den Weg geebnet, Geld und Doping sorgen aber für große Probleme. Was sagen Sie dazu?

Schranz: "Doping ist eine Geisel, eine Tragik. Man darf aber die Leute nicht pauschal verurteilen. Bernhard Kohl tut mir persönlich leid. Er hat getan, was andere schon vor ihm getan haben. Damals wie heute gibt es Sportler, die alles für den Erfolg tun. Bei uns hat es Gottseidank noch keine Dopingmittel gegeben."

Was wünschen Sie sich zum 70er?

Schranz: "Es ist zunächst eine große Ehre, dass man jemand feiert, der vor 36 Jahren aufgehört hat. Ich wünsche mir Gesundheit für meine Familie und mich. Gesundheit ist das Wichtigste, das sollten sich auch junge Sportler hinter die Ohren schreiben." (APA)