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Äpfel bringen hohe Wertschöpfung, ein anschlagenes Image kann sich die Branche nicht leisten.

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Wien - Österreich begeht am Freitag den Tag des Apfels. Hinter der Kulisse ist vielen in der Branche aber nicht zum Feiern zumute. Denn der Konflikt um den Einsatz von Antibiotika in den Plantagen holt den Obstanbau und Handel wieder ein.

Die Landwirte durften heuer zur Bekämpfung der Baumseuche Feuerbrand das Antibiotikum Streptomyzin einsetzen, was viele Lebensmittelketten im Frühjahr geschlossen zu einer Boykott-Drohung veranlasste. Jetzt sorgt das Ergebnis eines umfassenden Monitoring für neuen Zündstoff in der Debatte.

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) nahm im Auftrag der Agrarmarkt Austria (Ama) reife Äpfel unter die Lupe und wies darin erstmals Rückstände des umstrittenen Antibiotikums nach. Es sei mit einer neuen Analysemethode gelungen, Spuren des Wirkstoffes zu detektieren, bestätigte die Ages dem Standard. Bisher hatte die Agrarwirtschaft stets versichert, das Antibiotikum, das die Bauern auf die Blüten sprühen, werde in kurzer Zeit abgebaut.

Unter dem Vorsorgewert

Die in wenigen Fällen nachgewiesenen Rückstände seien unter dem gesetzlich zulässigen Vorsorgewert, sagt Ingrid Kiefer, Sprecherin der Ages. Die betroffenen Äpfel seien sichere Lebensmittel, es gebe keine Gefahr für den Verzehr. Walter Welz sieht das anders. Der Biochemiker ist gerichtlich beeideter Sachverständiger, im Auftrag der Industrie analysiert er Futtertiere und Lebensmittel auf Hormone wie Drogen. Mit dem Aufbringen von Antibiotika auf Lebensmittel würden dagegen resistente Krankheitserreger gezüchtet, sagt er. Dass Antibiotika Rückstände im Obst und im Boden hinterlasse sei unbestritten. "Der Nachweis ist nur eine Frage technischer Möglichkeiten."

Das Thema sei längst nicht auf Obstbau beschränkt. Antibiotikum sei in der Tiermast als Prophylaxe verboten. "Aber viele setzen es ein. Und niemand will es wissen." Die Kontrollen seien auch im Feinkostland Österreich unzureichend.

Streptomyzin vom Schwarzmarkt

Was Obst betrifft, so bestätigten Landwirte dem Standard im Frühjahr, dass Streptomyzin leicht auf dem Schwarzmarkt zu bekommen sei und unerlaubt eingesetzt werde. Zu groß sei das Risiko, Apfel- und Birnenplantagen durch Feuerbrand zu verlieren. Es geht um viel Geld: Allein der steirische Obstanbau hat eine Wertschöpfung von rund 230 Mio. Euro. Erlaubt zur Anwendung kam Antibiotika heuer auf 189 Hektar, das sind lediglich 2,4 Prozent der Kernobstbauflächen in Österreich. Der Handel baut auf das Gütesiegel "Ama". Äpfel von mit Streptomyzin behandelten Plantagen dürfen die Marke nicht tragen, so Ama-Qualitätsmanager Martin Gressl. Bei Honig seien heuer zwei Proben mit erhöhtem Strepto-Gehalt gefunden worden, ist aus Imkerkreisen zu hören. Die Ages weist das zurück. In der Schweiz und in Deutschland wurden 11,4 Tonnen an eigenem kontaminierten Honig entsorgt.(Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.11.2008)