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Milde Gabe der Regierung: ORF-Chef Wrabetz hofft.

Foto: APA/Schlager

Die Anstalt schraubt ihre Kennzahlen für 2008 heute vor ihren Stiftungsräten noch einmal herunter. Werbung: 20 Millionen unter Plan. Finanzergebnis: null statt 40 Millionen. Und zehn Millionen extra für Pensionskassa.

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Wien - Mittwoch ruft der ORF seine Stiftungsräte auf den Küniglberg, um Segen für eine Geschäftschance seiner Tochter ORS zu erbitten, die sie der Finanzkrise verdankt (siehe Artikel). ORS-Mutter ORF hat weniger Freude an der Krise: Traditionell schreibt der ORF mit seinem operativen Geschäft ein ordentliches Minus. Finanzergebnisse in weit zweistelliger Millionenhöhe glichen dieses Minus für gewöhnlich gut aus. So steuerte der laut Gesetz nicht auf Gewinn gerichtete ORF sein Ergebnis auf einen zart positiven Wert. In der Finanzkrise geht sich die ORF-Rechnung nicht aus.

32,6 Millionen Minus budgetierte der ORF für 2008 und begründete den Wert mit Sonderereignissen wie Fußball-Europameisterschaft, Olympischen Spielen. Ende September senkte die Anstalt ihre Prognose auf 60,5 Millionen Euro. 21,8 Millionen fehlten gegenüber dem Finanzplan aus Werbung, 12,5 Millionen an Finanzergebnis.

In "grundsolide Unternehmen" investiert

Am Mittwoch geht es weiter bergab. Der ORF verkündet seinen Stiftungsräten, dass sie statt 40 Millionen Finanzergebnis schlicht null erwartet, sagt ORF-Sprecher Pius Strobl dem STANDARD. Zu den rund 30 Millionen Euro geplantem Minus kämen also rund 20 Millionen Euro weniger aus Werbung und 40 Millionen weniger aus Finanzergebnissen. Strobl betont, der ORF habe keineswegs in spekulative Finanzprodukte investiert, vielmehr ausschließlich in "grundsolide Unternehmen". Weitere zehn Millionen Euro müsse der ORF seiner Pensionskassa zuschießen, weil deren Renditen ebenfalls unter einen garantierten Mindestwert gefallen seien.

Ergibt unter dem Strich: 100 Millionen Euro Miese bei mehr als 900 Millionen Umsatz. Das Minus werde der ORF aber "aus eigenen Mitteln finanzieren", sagt Strobl. Die Anstalt hat nach internen Angaben rund 400 Millionen Euro an Rücklagen. "Zum Glück", sagt Strobl, und verweist auf Kritik an dieser Finanzpolitik des ORF. Auch die EU-Kommission hinterfragt regelmäßig Rücklagen von Gebührensendern.

Mehr TV-Werbezeit gefordert

Die Prognose für den ORF erhöht wohl nicht ganz zufällig den Druck auf die Koalitionsverhandler, dem ORF Befreiungen von Gebühren abzugelten (57 Millionen Euro). Der ORF fordert weniger Werbebeschränkungen und mehr TV-Werbezeit. Donnerstag laden Zeitungs- und Privatsenderverband zur Protest-Pressekonferenz: "Duales System in Österreich vor dem Aus?" ÖVP-Medienverhandler Johannes Hahn verlangt (wie die Opposition) vom ORF ein Sanierungskonzept.

Die Daten verbessern die Verhandlungsposition der ORF-Führung über den Gehaltsabschluss (ab Ende November) und für Sparpakete. Alleine für 2009 will sie 50 Millionen kürzen. Erstes Sendungsopfer laut tv-media ist die "Wochenschau". (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 12.11.2008)