Ein Vorgeschmack auf das Kommende, stilistisch vollendet: Ohne Vorankündigung ließ Innenminister Ernst Strasser am 26. Februar Volkshilfe und Caritas mitteilen, dass er auf ihre Dienste in der Wiener Schubhaftbetreuung verzichtet. Ab März. Als ein Caritas-Mitarbeiter bei der als Bearbeiterin angeführten Beamtin nachfragen wollte, wurde ihm beschieden, diese befinde sich im Mutterschutz. Der Herr Minister war anderweitig beschäftigt, vermutlich mit Koalitionsverhandlungen.

Dazu sei vermerkt: Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Kritik an der Schubhaftbetreuung durch Caritas und Volkshilfe. Wohl aber hatte Strasser nie ein Hehl daraus gemacht, sich von den beiden Organisationen in der Neuordnung der Betreuung, etwa durch die Bildung eines Konsortiums, über den Tisch gezogen zu fühlen. Seine verletzte Eitelkeit reichte offenbar aus, ein funktionierendes Betreuungssystem zu kippen und es in die Hände eines Betreuers zu legen, der, höflich gesprochen, bisher höchstens durch besonders geschmeidige Willfährigkeit gegenüber dem Innenministerium aufgefallen ist. Im Brief des Innenministeriums wird außerdem der Eindruck erweckt, es seien zwei verschiedene Konzepte zur Auswahl gestanden und Strasser habe sich für das genehmere entschieden. Das stimmt so nicht, weil die Betreuung durch Caritas und Volkshilfe ja unbestritten war und nach außen nie zur Diskussion stand.

Strassers Vorgehen fügt sich auf das Schönste in das Bild der Personalentscheidungen des zweiten Kabinetts Schüssel. Hier können Familien und Freunde Politik machen, und wer auf parteifreie Kompetenz als Qualitätskriterium vertraut, kann im Salzamt vorstellig werden. Oder sich einer "Objektivierung" unterziehen. Beides dürfte zu ähnlichen Resultaten führen. (DER STANDARD, Printausgabe, 1./2.3.2003)