Um einen Kompletteinsturz der Wirtschaft in Osteuropa zu verhindern, wird laut nach Rettungspaketen für dort tätige Banken gerufen

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Wien - Die österreichischen Banken, die in Osteuropa stark engagiert sind, verstärken den Ruf nach Banken-Hilfspaketen auch in diesen von der Krise nun ebenfalls immer stärker erfassten Ländern. "Die Zentralbanken und Finanzminister in der Region müssen dringend gleiche oder ähnliche Rettungspakete schnüren wie die westlichen Länder in den vergangenen Wochen," sagte der Chef von Raiffeisen International, Herbert Stepic, am Montag. Die größte Bedrohung sei derzeit die Kreditknappheit.

Die Ratingagentur Fitch hat die Bonität von Ungarn, Bulgarien und Rumänien zurückgestuft und dies mit einer absehbaren Rezession begründet.

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Budapest/Wien - Weiterer herber Schlag gegen einige von der Finanz- und Wirtschaftskrise besonders stark betroffene Länder in Zentral- und Osteuropa: Die Londoner Ratingagentur Fitch hat am Montag die Einschätzung der Kreditwürdigkeit von Ungarn, Rumänien und Bulgarien gesenkt.
Das Rating von Ungarn wurde von "BBB+" auf "BBB" verschlechtert. Fitch begründete die Entscheidung nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MTI mit der Erwartung einer schweren Rezession. Das von der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank gewährte Hilfspaket über 20 Mrd. Euro werde zum Großteil das Risiko der fehlenden Außenfinanzierung beseitigen. Deshalb sei mit der Bonitäts-Herabstufung aber die Aussicht für Ungarn von "negativ" auf "stabil" angehoben worden, begründete die Ratingagentur diesen Schritt.

"Rezession absehbar"

Auch Bulgarien wird inzwischen für weniger kreditwürdig eingeschätzt als noch vor kurzem. Die Londoner Ratingagentur hat die Bonität des Balkanlandes von "A-" auf "BBB+" herabgesetzt. Begründet wird dies ebenfalls mit einer absehbaren Rezession, mit ausgelöst durch einen Rückgang beim ausländischen Finanzierungsstrom. Dies, so die Befürchtung, dürfte in weiterer Folge zu einem starken Rückgang der Inlandsnachfrage führen. Der Ausblick wird mit "stabil" beurteilt.

Rumänien wird von den drei Ländern im Moment am risikoreichsten eingeschätzt. Fitch hat ihr Rating von "BBB" auf "BB+" gesenkt - will heißen "spekulative Anlage, bei Verschlechterung der Gesamtwirtschaft ist mit Ausfällen zu rechnen".

Laut Fitch wird Rumänien ausländische Finanzhilfe benötigen, um die Krise zu bewältigen. Das Leistungsbilanzdefizit dürfte heuer bei 14 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen. Die Aussicht wird mit "negativ" eingestuft.

Sorge, aber auch Hoffnung wurde am Montag beim Vienna Economic Forum verbreitet. Das Forum, das heuer zum fünften Mal abgehalten wird und sich bis heute, Dienstag, mit Investitionsmöglichkeiten von der Adria bis zum Schwarzen Meer und zur Kaspischen See beschäftigt, war Kulisse für einen flammenden Appell von Herbert Stepic, Chef von Raiffeisen International (RI): "Die Zentralbanken und Finanzminister in der Region müssen dringend gleiche oder ähnliche Rettungspakete schnüren wie die westlichen Länder in den vergangenen Wochen." Kreditknappheit wäre jetzt die größte Bedrohung. Es sei "leichter, eine Maschine am Laufen zu halten, als sie zu stoppen und dann wieder in Gang zu bringen."

Raiffeisen International, der Osteuropa-Arm des Konzerns unterm Giebelkreuz, hat erst in der Vorwoche die Gewinnerwartungen gedämpft. Für 2008 erwartet die Bank nunmehr einen Überschuss von 950 Millionen nach zuvor einer Milliarde Euro.

"Zentral- und Osteuropa kann und wird diese Krise meistern, aber es gibt ein gewisses Risiko" , sagte Stepic am Montag. "Die Entscheidungsträger haben die Dimension dieses Tsunami noch nicht erkannt." Noch immer werde davon ausgegangen, die westlichen Banken könnten die bevorstehenden Aufgaben alleine schultern. Das aber sei ein Trugschluss.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein bezeichnete in seinem Statement die europäische Perspektive und das Ziel einer EU-Mitgliedschaft als treibende Kraft für die politische und wirtschaftliche Entwicklung Südosteuropas.

Russland drängt auf Reformen

Der russische Finanzminister Alexej Kudrin hat am Montag die Forderung seiner Regierung nach einer Reform der weltweiten Finanzinstitutionen bekräftigt. Das gegenwärtige System, zu dem der Internationale Währungsfonds zähle, sei als Krisenmanager ungeeignet, sagte Kudrin dem staatlichen Sender Russia Today. Er forderte ein neues Abkommen ähnlich dem Maastricht-Vertrag, der 1992 den Weg für die Einführung des Euros ebnete. Staaten müssten demnach verpflichtet werden, bestimmte Haushalts- und Wirtschaftskriterien zu erfüllen, um neue Krisen zu verhindern.
Russland schlägt darüber hinaus die Bildung neuer internationaler Agenturen vor, die alle oder einige der Funktionen bestehender Organisationen wie IWF oder Weltbank übernehmen sollten. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.11.2008)