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Weißrussland ist ein wichtiges Transitland für die russischen Gas- und Öllieferungen nach Europa.

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Minsk - Weißrussland hat wie auch Ungarn, die Ukraine und Island einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) beantragt. Unterstützung bekam das Neun-Millionen-Einwohner-Land bereits von Russland in Form eines Stabilitätskredites in der Höhe von zwei Milliarden Dollar. China soll 400 Millionen Dollar beigesteuert haben. Ziel des IWF-Kredites sei es, die Mittel erst gar nicht zu verwenden, sagte Wasily Matjuschewski, Vize-Vorstandsvorsitzender der Nationalbank. Man wolle sich lediglich einen Sicherheitspolster schaffen.

Im Gegensatz zu seinen Nachbarländern Ukraine und Russland ist Belarus bisher mit einem blauen Auge aus der Finanzkrise herausgekommen. "Die Finanzkrise trifft Weißrussland in einem geringeren Umfang, weil der Wertpapiermarkt kaum ausgebildet ist, Kredite im geringeren Ausmaß vergeben wurden und wenig spekulatives Kapital vorhanden ist", sagt Bernd Rosenberg, Vorstandsmitglied der Priorbank, die 2003 von der österreichischen Raiffeisen Zentralbank übernommen wurde.

Nachfrage geht zurück

Da Weißrussland stark von seinem Handelspartnern Russland und der EU abhängig ist, werden die Auswirkungen jedoch verzögert zu spüren sein. "Es ist bereits zu einem Nachfragerückgang bei den wichtigsten Exportgütern wie Traktoren und Dünger gekommen", sagt der weißrussische Ökonom Jaroslaw Romantschuk, der auch stellvertretender Vorsitzender der oppositionellen Vereinigten Bürgerpartei ist. Seit Russland Ende 2006 seine Subventionen in Form billiger Gas- und Öllieferungen aufhob, rutscht die Handelsbilanz immer mehr ins Minus. Das Handelsbilanzdefizit macht mehr als neun Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus, das Leistungsbilanzminus sieben Prozent des BIP. Die Auslandsschulden betragen rund 14 Mrd. Dollar.

Trotz der angespannten Situation prognostiziert die Regierung für heuer ein Wirtschaftswachstum um die zehn Prozent. "Das Beispiel Weißrussland hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass man auch mit geringen Mitteln ein Auslangen finden und ein beachtliches Wirtschaftswachstum zeigen kann", sagt Rosenberg.

Auslandsinvestoren

Damit das so bleibt, will die Regierung nun verstärkt Auslandsinvestoren ins Land holen. "Nachdem wir den Industriekomplex, den wir von der Sowjetunion übernommen haben, wiederbelebt haben, befinden wir uns jetzt in einer Phase, in der wir neue Technologien benötigen", erklärt der stellvertretende Premierminister Andrej Kobjakow. In den nächsten drei Jahren sollen 600 Unternehmen privatisiert werden, für die auch westliche Käufer gesucht werden.

Neue Gesetze sollen das Geschäftsklima in Weißrussland verbessern helfen. Im Doing-Business-Ranking der Weltbank hat sich das Land innerhalb eines Jahres von Platz 115 auf Platz 85 vorgearbeitet. Was die Steuerlast anbelangt, ist Weißrussland laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers jedoch Schlusslicht. (Verena Diethelm aus Minsk/DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2008)