Einige wichtige Punkte fehlen noch auf der To-Do-Liste der Großen Koalition.

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Lohnsteuerzahler sollen um 2,2 Milliarden entlastet werden. Zieht man die Mehrbelastungen der vergangenen Jahre ab, bleibt nur eine reale Entlastung um 300 Millionen Euro. Das Wifo drängt daher auf weitere Erleichterungen.

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Wien - Bei den Details zur Steuerreform halten sich SPÖ und ÖVP noch zurück, klar ist aber schon jetzt: Ein großer Wurf ist mit 2,2 Milliarden Euro für die Lohnsteuersenkung nicht drinnen. Denn allein 1,9 Mrd. werden nötig sein, um die seit der vergangenen Reform 2005 angefallene "kalte Progression" abzugelten. Zur Erklärung: Mit jeder jährlichen Lohnanpassung muss mehr an Steuern gezahlt werden. Die Steuerstufen steigen aber nicht gleichmäßig mit. Nur 300 Mio. Euro wären gegenüber 2005 also eine reale Entlastung.

Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Karl Aiginger, plädiert daher dafür, dass der von der Koalition angekündigten Steuerreform weitere Schritte folgen. "Es ist nicht möglich, mit diesem Geld mehr als die Inflation auszugleichen." Er wünscht sich zusätzlich noch Anreize für mehr Forschung und Entwicklung, die Senkung der Lohnnebenkosten und Anreize zum Energiesparen.

Das Wifo hat dazu Mitte Oktober eine Reihe von Möglichkeiten vorgeschlagen - unter anderem die Gegenfinanzierung einer starken Senkung von Lohnsteuer und Sozialabgaben durch Öko- und Vermögenssteuern sowie höhere Forschungsprämien für Betriebe.

Aiginger hofft nun, dass Rot-Schwarz in ihrem Regierungsprogramm weitere Reformschritte vereinbart. "Wir haben derzeit bei sehr niedrigem Einkommen eine Gesamtbelastung von 40 Prozent aus Steuern und Sozialversicherung. Das ist ungewöhnlich und beschäftigungshemmend. Das müsste reduziert werden."

Die laufenden Koalitionsverhandlungen wollen SPÖ und ÖVP bis zum Ende dieser Woche abschließen. Alle offenen Punkte sollen dann bei Schlussverhandlungen ab nächster Woche geklärt werden. Noch gibt es aber beim Thema Steuern durchaus unterschiedliche Vorstellungen. Die ÖVP möchte sowohl eine Entlastung der Spitzensteuerzahler als auch der Selbstständigen, sagte ÖVP-Verhandler Karlheinz Kopf am Sonntag. SPÖ-Chef Werner Faymann will vor allem Einkommen von 1100 bis 4000 Euro entlasten, aber auch Arbeitslose.

Mogelpackung

Als "Mogelpackung" bezeichnet Grünen-Chefin Eva Glawischnig das jüngste Konjunkturpakt von SPÖ und ÖVP: "1,9 Milliarden klingt zwar viel. Da ist aber kaum frisches Geld dabei." So handle es sich bei den beiden größten Brocken um Ausgaben, die ohnehin geplant waren: Die Bundesimmobiliengesellschaft soll Bauprojekte im Wert von 850 Millionen Euro früher als geplant in Angriff nehmen, Unternehmer können Abschreibungen vorzeitig geltend machen. "Ob dieser Vorteil zusätzliche Investitionen auslöst, ist äußerst fraglich" , meint Glawischnig: "Hauptproblem der Unternehmer ist viel mehr, dass sie derzeit keine Kredite bekommen." An tatsächlichen Investitionen mache die Regierung in spe in zwei Jahren also nur 500 Millionen Euro locker, kritisiert die Grüne.

Noch mehr Geld gegen die Krise fordert auch Michael Landau, Chef der Caritas Wien: "Wir brauchen ein drittes Konjunkturpaket, das diesmal den Armen zugutekommt." Vor allem eine bedarfsorientierte Grundsicherung sei nun Gebot der Stunde: "Angesichts der Summen, die für die Banken ausgegeben werden, ist diese Forderung nicht vermessen." Überdies kritisiert Landau, dass die Koalitionsparteien nicht planten, die Sozialversicherungsbeiträge zu senken. (APA, jo, go/DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2008)