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Zitternde Helen Clark, lächelnder John Key.

Foto: reuters

Einen "lächelnden Mörder" sollen ihn seine Kollegen bei der Investmentbank Merrill Lynch geheißen haben, nachdem er 1998 einen radikalen Stellenabbau durchgeboxt hatte. Auch als Politiker gibt John Key, Vorsitzender der konservativen neuseeländischen National Party, gern den freundlichen, aber bestimmten Kämpfer gegen zu viel Staat und hohe Steuerbelastung. Beobachter und Meinungsforscher sehen in dem 47-jährigen den nächsten Premierminister Neuseelands. Key wäre der erste Mann in dieser Funktion seit elf Jahren und der erste Nicht-Sozialdemokrat seit fast einem Jahrzehnt.

Ganz sicher ist der Machtwechsel auf den abgelegenen Commonwealth-Inseln im Südpazifik aber nicht. Die Labour-Partei der langjährigen Regierungschefin Helen Clark, die bei den vergangenen Parlamentswahlen 2005 etwas mehr als 41 Prozent erreicht hat, baut auf die Macht der Beständigkeit - gerade in Zeiten der Finanzkrise. Die treffe das 4,3-Millionen-Einwohner-Land, dessen Wirtschaft zu einem großen Teil von Agrarexporten und Tourismus abhängig ist, nämlich besonders hart. "Spielen Sie nicht mit unserer Zukunft, hüpfen Sie nicht ins Unbekannte", sagte Clark während einer TV-Diskussion im Wahlkampf.

Karriere in Investmentbank

Der Ex-Investmentbanker Key, der erst seit 2002 im neuseeländischen Parlament vertreten ist, habe einfach nicht genug Erfahrung im Umgang mit derart ernsten Krisen, versuchte Clark zu suggerieren. Dafür, halten seine Anhänger entgegen, reichlich Kenntnis der Gepflogenheiten des internationalen Bankwesens. Nach seinem Wirtschaftsstudium an der angesehenen University of Canterbury machte der Sohn einer jüdischen Emigrantin aus Österreich schnell Karriere, erst bei einer Bank im heimatlichen Wellington, ab 1995 bei Merrill Lynch in Singapur. Key wies nicht zuletzt bei seiner Antrittsrede als Oppositionsführer vor zwei Jahren auf seine Kindheit als Halbwaise in ärmlichen Verhältnissen hin. "Der Sozialstaat wird in Neuseeland nie aufgegeben", beruhigte er Kritiker, die seiner Partei vorwarfen, einen allzu harten Sparkurs zu planen.

Alleine, soviel steht fest, werden weder Clark noch Herausforderer Key genügend Sitze erobern, um den Regierungsanspruch für sich reklamieren zu können. Derzeit wird die Labour-Regierung von der populistischen New Zealand First Partei und der Mitterechtspartei United Future New Zealand gestützt, die aber beide in regelmäßigen Abständen gegen die Regierung abstimmen. Dieser faktische Koalitionszwang ist einer Wahlrechtsreform geschuldet, die 1996 in Kraft trat und in dem, ähnlich wie in Deutschland, sowohl das Stimmenverhältnis als auch Direktmandate zum Einzug ins Parlament zum Tragen kommen.

Sieben Sitze im neugewählten Parlament sind für Angehörige der Maori-Bevölkerung reserviert. Die Ureinwohner Neuseelands stellen heute etwa 15 Prozent der Gesamtbevölkerung und werden, anders als etwa die Aborigines in Australien, seit Jahrzehnten kulturell und politisch gefördert. Nach den Wahlen könnte sich die Maori-Partei als Zünglein an der Waage erweisen. Clarks Labour käme gemeinsam mit der Green Party laut Umfragen auf ebenso viele Stimmen wie Keys National Party. Beide brauchen die Unterstützung der Maori-Partei, die 2004 von der Ex-Labour-Abgeordneten Tariana Turia gegründet wurde und derzeit vier Sitze im Aucklander Repräsentantenhaus besetzt. Bisher ließen sich die Maori keine Koalitionsabsichten entlocken. (flon/derStandard.at, 7.11.2008)