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Starke Ansage: Russlands Staatschef Medwedew fordert mit der angekündigten Raketenstationierung in Kaliningrad den neugewählten US-Präsidenten Obama heraus. Der hatte eine härtere Gangart gegenüber Russland versprochen.

Foto: AP/Alexander Zemlianichenko

Die Zeichen stehen auf Konfrontation, noch bevor die neue US-Regierung im Amt ist: Auf das "kriegerische Russland" will Obama mit einer neuen umfassenden Strategie antworten. Georgien bleibt der Testfall.

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Wien/Moskau - Grigori Karasin hat einen Wunsch. Barack Obamas Wahl zum Präsidenten soll einen "neuen frischen Zugang" der USA in ihrem Verhältnis zu Russland möglich machen. Obamas Berater, so hoffte der russische Vizeaußenminister, werden vielleicht "Vorurteile neu bewerten können". Da hatte Russlands Staatschef Dmitri Medwedew gerade die Stationierung von Kurzstreckenraketen in Kaliningrad angekündigt. Russland ist nun eher das aufgefrischte außenpolitische Problem, mit dem sich die kommende Obama-Administration herumschlagen muss.

In der Wortwahl vorsichtiger, aber in der Sache ähnlich hart wie der gescheiterte Republikaner John McCain hatte das Obama-Lager in den vergangenen Monaten schon eine Kehrtwende in den Beziehungen der USA zu Moskau angekündigt. "Im Gegensatz zur ziellosen Politik der Bush-Administration, die Wladimir Putin begeistert aufnahm, aber die US-russischen Beziehungen vernachlässigte", so schnurrte das Wahlprogramm der Demokraten herunter, "werden Barack Obama und Joe Biden der Herausforderung begegnen, die ein zunehmend autokratisches und kriegerisches Russland darstellt, indem sie eine neue umfassende Strategie verfolgen, die amerikanische nationale Interessen voranbringt, ohne Kompromisse gegenüber unseren dauerhaften Prinzipien zu machen".

Ehrliche Seele

In Wahrheit war die Russland-Politik des amtierenden Präsidenten George W. Bush 2007 zusammengebrochen. Russlands Ausstieg aus dem KSE-Abrüstungsvertrag, die Rückkehr der strategischen Bomber, die der Kreml wieder über dem Atlantik und Pazifik patrouillieren lässt, schließlich der Krieg gegen Georgien im August dieses Jahres, haben die Idee von der ehrlich treuen Seele Wladimir Putins, in die Bush einmal geblickt haben will, begraben. Russlands starker Mann wird möglicherweise schon 2009 in den Kreml zurückkehren. Über einen solchen Plan berichtete am Donnerstag die Tageszeitung Wedemosti.

Die Gespräche zwischen Washington und Moskau über eine gewisse Beteiligung am geplanten US-Raketenschirm sind nach der Ankündigung der Raketenstationierung in Kaliningrad nicht eben leichter geworden. In den Fragen der Abrüstung steht Obamas Regierung zudem vor einer Blockade. Russlands neue Militärbasen in Abchasien und Südossetien machen eine Rückkehr zum KSE-Vertrag undenkbar.

Georgien, wo die Opposition heute, Freitag, ihre erste große Demonstration gegen Präsident Michail Saakaschwili nach dem Debakel des August-Kriegs organisiert, wird ein Streitpunkt mit Moskau bleiben. Obamas Berater in Fragen der Russlandpolitik, der Stanford-Professor Michael McFaul, gab einen Vorgeschmack auf den Kurs der neuen Regierung: Nach dem Nato-Gipfel in Bukarest im April nannte er die Entscheidung, den Beitrittsplan für Georgien und die Ukraine aufzuschieben, "außerordentlich enttäuschend" und die Glaubwürdigkeit der Nato unterminierend. In Foreign Affairs schrieb er Anfang des Jahres, die Geschichte von Putin, der Russland mit notwendig autoritären Maßnahmen stabilisiert habe, sei eine Mär - ein demokratisches Russland hätte mehr erreicht. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2008)