Bild nicht mehr verfügbar.

Die Autoindustrie habe große Probleme, daher sollte die Sicherung von Arbeitsplätzen oberste Priorität haben, zumal aufgrund des hohen Abschlusses der Druck zu Rationalisierung steige, mahnt Böhler-Chef Raidl.

Foto: APA/DPA/Pleul

Wien - Die Industriellenvereinigung reagierte auf den in der Nacht auf Donnerstag von Leitz-Chef Hermann Haslauer abgeschlossenen Metallerabschluss scharf: "Die Unternehmen der Metallbranche sind diesmal angesichts der Marktsituation über die Grenze der Belastbarkeit gegangen" , verkündete der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Markus Beyrer, via Aussendung. Die Erhöhung der Ist- und Mindestlöhne um 3,8 bzw. 3,9 Prozent (Letzteres nur für die untersten vier Verwendungsgruppen, Anm.) sei "standort- und damit arbeitsmarktpolitisch kurzsichtig" und schaffe nachhaltige Belastungen der Unternehmen. Böhler-Chef und Voest-Vorstandsdirektor Claus J. Raidl, der allein für Böhler-Uddeholm acht Millionen Euro Mehrkosten budgetieren muss, teilt die Einschätzung der IV nicht. "Der Abschluss ist gerade noch erträglich." Höhere Einmalbeträge und niedrigere Ist-Lohnerhöhungen wären wohl besser gewesen, man könne damit aber leben.

Außerdem ermahnte Raidl die Gewerkschafter, ihre "aggressive Lohnpolitik" überdenken. Denn die Arbeitslosigkeit werde steigen, die Inflation sei für 2009 deutlich niedriger prognostiziert, und die Exportmärkte dürften dramatisch einbrechen, gibt Raidl zu bedenken. Deutschland erwarte ein Nullwachstum, und die Autoindustrie habe große Probleme, daher sollte die Sicherung von Arbeitsplätzen oberste Priorität haben, zumal aufgrund des hohen Abschlusses der Druck zu Rationalisierung steige.

"Volkswirtschaftlich richtig"

Wifo-Einkommensexperte Alois Guger beurteilt den Abschluss dennoch als "volkswirtschaftlich richtig" . Es sei wichtig, dass die Inflation abgegolten und auch die Produktivität berücksichtigt werde, dadurch steige die Kaufkraft. Für Helmut Hofer vom Institut für höhere Studien ist das Ergebnis "ein guter Kompromiss" in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Beide Seiten seien an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gegangen.
Wie in einem Teil der Donnerstagausgabe berichtet, haben sich die Sozialpartner gegen 00.30 Uhr auf eine Erhöhung der Ist- und Mindestlöhne um 3,8 bis 3,9 Prozent plus eine Einmalzahlung von 150 bis 250 Euro geeinigt. Die Einmalzahlung ist nach Höhe des Betriebsergebnisses gestaffelt und wird erstmals auch an Lehrlinge ausgezahlt: Sie beträgt bei einem Betriebsergebnis (Ebit) bis vier Prozent des Umsatzes hundert Euro, zwischen vier und acht Prozent 200 Euro und darüber 250 Euro. Umgerechnet auf das Gesamtjahr bekommen die rund 170.000 Metallarbeiter und Industrieangestellten zwischen 4,2 bis 4,5 Prozent mehr. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.11.2008)