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Demonstration der Macht.

Foto: Sinai/Getty Images

Im Kongo haben die Rebellen mehrere Dörfer eingenommen, erneut sind Zehntausende auf der Flucht. In Nairobi bemühen sich am Freitag Staats- und Regierungschefs bei einem Krisengipfel um eine Lösung. Der im Osten der Demokratischen Republik Kongo verschleppte Afrika-Korrespondent der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" ("FAZ"), Thomas Scheen, ist unterdessen wieder frei.

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Im Osten Kongos sind nach einer Woche angespannter Ruhe erneut zehntausende Menschen auf der Flucht. "Laurent Nkundas Rebellen haben die Dörfer Nyanzale und Kikuku eingenommen, damit haben sie die von ihnen selbst erklärte Waffenruhe gebrochen" , erklärte Leutnant Jean-Paul Dietrich von der UN-Mission im Kongo, Monuc. "Damit ist klar, dass die Rebellen versuchen, die Region unter ihre Kontrolle zu bekommen."

Allein bei Kämpfen zwischen Nkundas Tutsi-Rebellen und gegnerischen Hutu-Milizen wurden gut 35.000 Bewohner der Stadt Kiwanja etwa 60 Kilometer nördlich von Goma vertrieben, nachdem Nkundas Männer heftige Gefechte für sich entschieden hatten. Danach ließen sie die Stadt räumen. Mehrere Zivilisten sollen dabei ermordet worden sein. Die Verwicklung neuer Rebellengruppen in die Kämpfe machte eine Lösung der jüngsten Krise im Osten Kongos nochmals schwieriger.

Zwischen die Fronten geriet der Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Thomas Scheen, der vor zwei Tagen vermutlich von Hutu-Rebellen entführt wurde. Ebenfalls in der Gewalt der Entführer befanden sich UN-Mitarbeiter, mit denen Scheen in der Nähe der Front bei Kiwanja unterwegs war.

Unmittelbar vor einem Krisengipfel in Kenias Hauptstadt Nairobi, zu dem am Freitag UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und zahlreiche Staats- und Regierungschefs aus der Region erwartet wurden, nahm die Schärfe der Auseinandersetzung zu. Ruandas Präsident Paul Kagame, dem von Kongos Regierung vorgeworfen wird, Nkundas Milizen zu unterstützen, machte seinerseits die kongolesische Regierung für die Krise verantwortlich. "Was hat die Regierung getan, um das Problem zu lösen?" , gab er sich aufgebracht.

Auch den UN gab er eine Mitschuld. "Wozu geben die UN jährlich eine Milliarde Dollar für eine Blauhelmtruppe aus? In spätestens sechs Monaten sehen wir die nächste humanitäre Katastrophe."

Nicht nur vor dem Hintergrund solcher Äußerungen galt ein Erfolg des überstürzt einberufenen Gipfels in Nairobi als unwahrscheinlich. Hinter den Kulissen warfen Mitarbeiter der UNO der kenianischen Regierung, die das Treffen ausrichtet, Dilettantismus bei der Vorbereitung vor.

Nkunda, der nicht an dem Treffen teilnimmt, drohte der kongolesischen Regierung mit einem Angriff auf Kinshasa, sollten keine Verhandlungen mit ihm aufgenommen werden. Kongos Präsident Joseph Kabila hatte dies mehrfach abgelehnt. Zudem warf Nkunda der Regierung vor, die Hutu-Milizen im Kampf gegen Nkunda zu instrumentalisieren.

In der Provinzhauptstadt Goma erhielten UN-Truppen unterdessen den Befehl, auf jede bewaffnete Gruppe zu schießen, sollte sie die Stadt betreten. Das UN-Flüchtlingshilfswerk warnte, wegen der neuen Gefechte könnten die Flüchtlinge im Norden Gomas aber nicht wie geplant mit Konvois versorgt werden. Viele Vertriebene haben seit mehr als einer Woche keine Hilfsgüter mehr erhalten. (Marc Engelhardt aus Nairobi/DER STANDARD, Printausgabe, 7.11.2008)