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Noch braucht die AUA keinen Ambulanzwagen. Es gibt mit Lufthansa und S7 immerhin zwei Interessenten, deren Chancen auch noch intakt sind.

Foto: APA/Robert Jäger

Nicht nur die Staatsholding ÖIAG, auch AUA-Chef Alfred Ötsch rührt die Werbetrommel für die Lufthansa. Die ÖIAG hat umfangreich vorgesorgt und im Verkaufsprozess einen Freibrief bei der Vergabe bekommen.

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Wien - Lobbying für einen Einstieg der Lufthansa bei der AUA machte AUA-Chef Alfred Ötsch im Salon der Lobbying-Agentur Accedo. Die AUA müsse rasch Anschluss finden, um sich strategisch zu behaupten. Würde sich etwa die Lufthansa SAS kaufen und nicht bei der AUA einsteigen, würde der Wiener Flughafen binnen kürzester Zeit die Transferpassagiere von Skandinavien nach Osteuropa verlieren. "Da kommen keine Verkehrsströme mehr aus Skandinavien über Wien" , malte Ötsch Montagabend ein düsteres Bild.

Bei der Lufthansa wären die Privatisierungsbedingungen jedenfalls voll erfüllt, meint Ötsch. Damit der Favorit Lufthansa zum Zug kommt, hat die ÖIAG in den Verkaufsunterlagen gründlich vorgesorgt: "Die ÖIAG hat das Recht, zu jeder Zeit und gemäß ihrer alleinigen Entscheidungsfreiheit und ohne dafür Gründe angeben zu müssen, zu entscheiden, welche Bieter zur Teilnahme im Verkaufsprozess (in welcher Phase auch immer) zur Teilnahme eingeladen werden und welche Bieter aus dem Prozess ausgeschlossen werden."

Darüber hinaus darf die ÖIAG "zu jeder Zeit und gemäß ihrer alleinigen Entscheidungsfreiheit und ohne das bekanntmachen oder Gründe dafür angeben zu müssen" , den Verkaufsprozess abändern, unterbrechen oder beenden - sowohl mit einzelnen Käufern als auch mit allen potenziellen Käufern. Außerdem ist die Verstaatlichtenholding ermächtigt, bestimmte oder alle Akquisitionskonzepte zurückzuweisen und mit jeder Partei zu verhandeln - in Form und Zeitplan, die von ihren eigenen Privatisierungsbedingungen abweichen können.

Und, weiter: "Es ist in der alleinigen Entscheidungsgewalt der ÖIAG und der Gesellschaft (AUA, Anm.) zu entscheiden, welchen Bietern Zugang zu Informationen gewährt wird." Der Verkäufer ist demnach auch nicht verpflichtet, Akquisitionskonzepte in Überlegung zu ziehen oder anzunehmen, "und der Bieter hat unter keinen Umständen Klageansprüche aus etwaigen Schäden ..., die ihm in Zusammenhang mit der Transaktion erwachsen weder gegen den Verkäufer noch gegen die Gesellschaft noch gegen Merrill Lynch".

Damit ist klar: Vor diesem Hintergrund nützt AirFrance-KLM das beste Lobbying nichts.
Dass der von der Lufthansa geforderte Schuldennachlass von 500 Millionen Euro durch die Republik so rasch erfolgte, hat selbst Ötsch "überrascht". Es sei aber die richtige Entscheidung und "ein gut investiertes Geld in die Zukunft" . Im Übrigen seien AUA, KLM und SAS jene Airlines, die noch nie vom Staat Geld bekommen hätten. Die 500 Millionen Euro seien eine "intelligente Umverteilung", glaubt der AUA-Chef. "Wie erklären Sie dem Steuerzahler sonst, dass vier Milliarden Euro in einem Loch wie dem Koralmtunnel versenkt werden?"

Die AUA benötige rasch einen internationalen Partner, der Langstreckenpassagiere in das AUA-Netz einspeisen könne. Dort verliere die Airline Geld, es sei aber notwendig, um die Mittelstrecke zu füttern. Zu schaffen macht der AUA auch der Ölpreis, man rechnet heuer mit 140 Millionen Euro an zusätzlichen Spritkosten, bekäme aber nur 50 durch Kerosinzuschläge wieder herein.

Trotz aller Kritik würde sich Ötsch für den Chefsessel in der AUA wieder bewerben, "die Sache ist es wert, ich würde es wieder tun. Ich bin ein Wiederholungstäter. Es wird ja nicht meine Person, sondern die Funktion angegriffen."

Bei seinem Amtsantritt "waren alle sehr lieb zu mir". Und jetzt gebe auch keinen einzigen konkreten Vorwurf, dass Managementfehler passiert seien, es gab "ein Kommunikationsproblem" . Seine Ende Jänner getroffene Aussage, die AUA sei saniert, sei bei einem Frage-Antwort-Spiel erfolgt und "unglücklich" gewesen. "Ich habe die Bedeutung des Wortes Sanierung unterschätzt."

Einen Seitenhieb Richtung Niki Lauda konnte sich Ötsch nicht verkneifen: Als die AUA 2001 Lauda Air übernahm, hatte sie 2,5 Milliarden Euro Schulden, davon 736 Millionen von der Lauda Air; inklusive einer heterogenen Flotte und negativ bilanzierenden Strecken.
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl findet die Vorgänge rund um die AUA-Privatisierung deutlich weniger unterhaltsam als der Airline-Chef. Er zeigte am Montagabend auch kein Verständnis für die Vorgangsweise der ÖIAG, sondern empfiehlt für die Airline dringend ein "Zurück an den Start".

Der Privatisierungsprozess müsse sofort gestoppt werden, um die Lage zu stabilisieren. "Das sagt ja der Hausverstand, dass mir ein einziger Interessent das Hemd ausziehen wird." Mit einem einzigen Bieter werde man keinen guten Preis erzielen, daher solle man jetzt nicht unter Druck und mit unwürdigem Verhalten verkaufen, meint Leitl, "als Privatmann, nicht als Kammerpräsident" , wie er betonte.

"Verzicht üben"

Außerdem verstehe er nicht, warum in Zeiten der Finanzkrise ausgerechnet die wohlerworbenen Rechte der Manager oberste Priorität hätten und außer Obligo stünden. Vielmehr sollten die Manager den AUA-Beschäftigten mit gutem Beispiel vorangehen und Verzicht üben, dann würde auch die Belegschaft mitziehen, ist sich Leitl sicher: "Wenn die AUA-Mitarbeiter befristet und je nach Gehaltsstufe um fünf, zehn oder 15 Prozent weniger verdienen würden und das Management auf 30 Prozent verzichten würde", könnte man sicher besser mit dem Flughafen Wien reden und auch anderswo Sanierungsbeiträge einfordern, ist Leitl überzeugt. Wenn die AUA zurück in der Gewinnzone sei, könne man sie immer noch verkaufen.

Resignativer Nachsatz: "Wie der Staat in Krisenzeiten mit seinem Eigentum umgeht, hat in Österreich leider eine schlechte Tradition." (cr, gra, ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 05.11.2008)