Gäbe es eine Liste jener Personen, von denen sich John McCain wenige Tage vor der Wahl nicht öffentlich unterstützen lassen wollte, würde Vizepräsident Dick Cheney darauf ziemlich hoch rangieren." So kommentierte das Time Magazine dessen "endorsement" für seinen republikanischen "Parteifreund", über das sich McCain ungefähr so gefreut haben muss wie über einen rostigen Nagel im Knie. Es schien beinahe so, als wolle ihm Cheney - er trägt Spitznamen wie "Dr. Evil" und "Darth Vader" - noch den letzten Hauch einer Siegchance am Dienstag nehmen.

Im Gegensatz dazu steht George W. Bush: Der Präsident trat im Wahlkampf kaum für den republikanischen Kandidaten auf. Beim Nominierungsparteitag im September bewahrte Hurrikan Gustav McCain vor der Katastrophe negativen Imagetransfers. Bush konnte - leider, leider - wegen des nationalen Notstandes nicht persönlich erscheinen, er schickte nur eine Videobotschaft. Zuletzt war er in den vergangenen Wochen nur dreimal und unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Wahlkampfeinsatz. Und gewählt hat der Präsident (McCain, per Brief) ebenfalls schon, um am Wahltag nicht an die Urne und ins Blitzlichtgewitter zu müssen.

Das große Problem McCains im Wahlkampf war, dass er sich von der Administration distanzieren musste und gleichzeitig republikanische Kernschichten zu bedienen hatte, die an Bushs Amtsführung im Großen und Ganzen gar nichts auszusetzen hatten. Dieser Spagat ist ihm nicht gelungen, auch weil er in den vergangenen Jahren glaubwürdig als der "andere Republikaner" aufgetreten ist. Dass ihn Cheney nun zum gewöhnlichen Republikaner macht, ist sein letztes Pech in dieser Kampagne. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 03.11.2008)