Peter Kogler
ohne Titel, 2008
MUMOK Installationsansicht
Foto: MUMOK, Lisa Rastl
© MUMOK

Die ganzen Siebzigerjahre lang ging es ja – im Großen und Ganzen – auch ohne. Und dann, Anfang der Achtzigerjahre war sie wieder dick da: die gegenständliche Malerei. Expressiv und wild machte sie sich wieder dort breit, wo die Skepsis der letzten zwei Dekaden eine Brache zurückgelassen hatte. War man nicht eben noch ganz woanders gewesen? Hatte man sich nicht gerade noch an den letzten Konsequenzen von Marcel Duchamps Readymades gelabt, Körper und Geist an Performance und Minimal berauscht?

Lang war es noch nicht her, dass Peter Kogler seinen Kopf in eine Zinkwanne, ein Überbleibsel einer Beuys-Installation, gesteckt hatte, während der Rest von ihm undramatisch aus dem Waschschaffel ragte.

Und jetzt? Jetzt sollte man den erweiterten Kunstbegriff wieder auf eine abgezirkelte Fläche sperren? Sollten Geschichten irgendwo zwischen linkem und rechtem Bildrand erzählen, ebendort beginnen wie auch enden? So als wäre nichts gewesen? Kein Jackson Pollock, keine Motive, die nach allen Seiten offen sind? Statt endlosem „Allover“ doch lieber Happy End auf der Leinwand? Nein.

Bevor Peter Koglers Verweigerung von Anfang und Ende jedoch in seine automatisierten Loops mündete, dort, wo die – frei nach Friedrich Nietzsche – „ewige Wiederkehr des Gleichen“ Unendlichkeit suggeriert, sollte es jedoch noch etwas dauern. Gründe, sich dem neuen Hype zu verweigern, gab es für Kogler genug. Die internationale Orientierung, die Beschäftigung mit Andy Warhol, legte es nahe: Dessen zu Ikonen stilisierte Alltagsobjekte stellt Kogler in eine Reihe mit Duchamps in den Kunstkontext gerückte Pissoirs und Flaschentrockner; Warhols Serialität setzt er in nahe Verwandtschaft zur Minimal Art.

Am Misstrauen gegenüber dem subjektivem Gestus hielt er, in dieser Tradition stehend, fest. Nur logisch, dass er beim Bestreben, das Emotionale und Handschriftliche wegzufiltern, im Computer letztendlich sein ideales, weil methodisch auch gegenwärtigstes Zeicheninstrument finden sollte. Zuvor dominierte für den 1959 in Innsbruck geborenen Kogler aber die Frage nach Fläche und Raum, jener nach Architektur und ihrer Auflösung, ihrer Verflüssigung.

Ein Ideal, das er in der Filmarchitektur verwirklicht sah: Die Gebilde waren keiner Funktion unterworfen und in letzter Konsequenz nichts als projiziertes Licht. Zunächst musste also die Endlichkeit der realen Räume beseitigt, ihre Grenzen aufgehoben werden: Mit hauchdünnem Papier auf der Wand gelang das „Verschmelzen“ von Bild und Baukörper. Und dann musste der Betrachter noch aus dem „Davor“ ins Bild „hinein“ verfrachtet werden: Er sollte in den Genuss der unmittelbaren Erfahrung kommen, wie sie sonst nur der Architektur zuteil wird. Es galt daher, mit flüchtigen Materialien und Bildern den Raum ins Virtuelle zu entführen, ihn mit einer Membran zu überziehen, den schweren Baukörper dahinter zu verunklären, zu entmachten und aufzulösen. Natürlich hatte Kogler dafür Komplizen: Und jetzt krabbeln endlich die Ameisen, als schier endlose Reihe gleicher Zeichen. In ihrer vorhersehbaren Wiederkehr mutieren sie zum Ornament, zum oft geschmähten Dekor.

Aber das Ornament schlägt zurück und erobert die Architektur, aus der sie einst verbannt wurde, zurück. Ornament greift Raum und ignoriert in seinem Wuchern jegliche architektonische Ordnung. Es frisst jegliche Substanz, ob nun mit dem Körper einer Ameise, als Siebdrucktapete oder lichter Zeichenteppich. Für Kogler ist die Ameise, die seine Betrachter oft so kribbeln macht, ebenso wie die Röhre oder das Gehirn mehr universelles Piktogramm als Bedeutungsträger. Freilich, der Weg der Ameise, die Labyrinthe und Gitter dürfen schon an Datenströme, an Ordnung im Chaos des Internets erinnern. Und an vieles mehr auch. Ganz ursprünglich ist die Ameise einmal zwischen den Buchstabenkolonnen einer Zeitungsseite herumspaziert, das possierliche Tierchen. Und warum jetzt Ratten? Möglicherweise wegen der kleinen spitze Schreie im Publikum.