Warenhaus "Centrum" in Warschau (1958–68)

Foto: Wiener Städtische/CAF

Wien - Mit Polen setzt die Wiener Städtische Versicherung ihre Ausstellungsreihe zur Architektur in Ost- und Südosteuropa fort. Bis zum 9. Jänner (Montag bis Freitag 9.00 bis 18.00 Uhr, Eintritt frei) sind im Ringturm Auszüge aus der "unglaublichen Dichte in der architektonischen Qualität" in den vergangenen hundert Jahren zu sehen.

Auf der Biennale in Venedig räumte der polnische Beitrag gerade erst den Goldenen Löwen ab. Die architektonischen Schulen und Szenen der großen polnischen Zentren Warschau, Krakau oder Danzig sind in Österreich dennoch "sehr unbekannt", wie Kurator Adolph Stiller bei der Pressekonferenz bedauerte. Das negativen Stereotyp der Plattenbauten überschattet. Dass sich genaueres Hinsehen lohnt, zeigt die Ausstellung mit einigen Griffen in die Geschichte, sie betrachtet Polens Architektur nicht nur als Spielball politischer Zugriffe: Die Weitläufigkeit der Landschaft, die ungeheure bauliche Dimensionen ermöglicht, die Lage zwischen West-Europa und Russland, die fruchtbare Beziehungen und Einflüsse zwischen Petersburg, München und Wien zur Folge hatte, und die "Verlangsamung des Kommunismus", die polnischen Städten "manches kapitalistisches Experiment" ersparte.

Schon der polnische Pavillon bei der Kunstgewerbeausstellung Paris 1925 - gestaltet von Jozef Czajkowski - zeigt das Bemühen, mit Elementen der regionalen Tradition an die europäische Moderne anzuschließen. In der Zwischenkriegszeit entfaltet sich eine architektonische Blüte, die etwa am Beispiel der Hafenstadt Gdynia aufgeschlüsselt wird. Als Konkurrenz zu Danzig konzipiert, stampfte man die Stadt mit Anleihen aus der Schiffsarchitektur aus dem Boden, bedachte Meeresströmungen ebenso wie das Klima. Penible Planung, Funktionalismus in hoher Qualität findet sich allerdings auch in den Jahrzehnten des Kommunismus. "Wir haben uns bemüht, die Plattenbauten auch in ihren positiven Aspekten zu zeigen", erklärte Stiller. Die Lebensqualität sei vor allem anfangs hoch gewesen, die mindere Bausubstanz habe sich erst mit der schlechteren Wirtschaftslage durchgesetzt.

Nach 1989 wurden zahlreiche unterbrochene Traditionen wieder aufgenommen, wie der Architekt Krzysztof Ingarden, der etwa den polnischen Pavillon für die Expo 2005 gestaltete, erklärte. "Die junge Generation sucht nach ihrem eigenen Stil, nach einer eigenen polnischen Identität, und das in einer Welt, in der eigener Stil und Identität immer mehr abgebaut wird." Gleichzeitig ist es auf dem freien Markt natürlich ungleich schwieriger, große Vorhaben realisieren zu können. "So problematisch die Stellung des Staates als Eigentümer, Bauherr und auch Planer, so gewaltig die Möglichkeiten für aufwändige Projekte", merkte auch Stiller an. Wie großzügig sich manche Bauten - vom Bahnhof über die Sporthalle - in die Landschaft fügen, sei andernorts undenkbar gewesen. Derzeit sehe man sich allerdings immer wieder - wie im Falle des Hauptbahnhofs von Kattowitz (1969-73) - vor der Bedrohung, dass diese "beispielhaften Zeugnisse" abgerissen werden. (APA)