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Die Entwaffnung paramilitärischer Kämpfer als Medienspektakel: Die AUC ist aufgelöst, dafür sind in mehreren Provinzen Nachfolgeorganisationen aktiv.

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AUC-Kommandant Elkin Casarrubia, als "Don Mario" bekannt (im gelben T-Shirt) führte im April 2008 Ermittler zu einem Massengrab in El Arenillo.

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London/Madrid - Die Regierung von Präsident Alvaro Uribe verschweigt nach Einschätzung von Amnesty International eine zunehmende Zahl von Menschenrechtsverletzungen in dem südamerikanischen Land. Im vergangenen Jahr seien mindestens 1400 Zivilisten und damit 100 mehr als im Vorjahr durch politisch motivierte Gewalt getötet worden, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Menschenrechtsorganisation unter dem Titel: "Lasst uns in Frieden! Zivilisten im Fadenkreuz des bewaffneten inneren Konflikts in Kolumbien".

330 der Opfer seien von Polizei und Militär, 300 von rechten Paramilitärs und 260 von linken Rebellen umgebracht worden. In den restlichen Fällen seien die Täter unbekannt. Die Zahl der Verschwundenen sei von 180 vor zwei Jahren auf 190 im vergangenen Jahr angestiegen. Auch die Zahl der Flüchtlinge innerhalb des Landes stieg nach Angaben von Amnesty von 220 000 im Jahre 2006 auf 305 000 im vergangenen Jahr.

"Großteil der Verantwortlichen nie vor Gericht gebracht"

Trotz dieser Entwicklung streite die Regierung die Vorwürfe ab und weigere sich sogar, überhaupt einzugestehen, dass es einen bewaffneten Konflikt im Lande gebe. Die Menschen berichteten jedoch von einer anderen Wirklichkeit, sagt Marcelo Pollack, Kolumbien- Experte bei Amnesty. Die Studie entlarve auch die Feststellung der Regierung als falsch, die paramilitärischen Gruppen seien nicht länger aktiv, oder die Behauptung, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen würden. "Die Straflosigkeit steht weiterhin im Mittelpunkt der Menschenrechtskrise in Kolumbien, der Großteil der Verantwortlichen wurde nie vor Gericht gebracht" sagte Pollack.

Regierung will nicht von "bewaffnetem Konflikt" sprechen

Uribe und seine Regierung haben es in ihrer bisher mehr als sechsjährigen Amtszeit vermieden, von einem bewaffneten inneren Konflikt zu sprechen. Stattdessen bezeichnen sie die Rebellen als Terroristen, die es festzunehmen oder zu töten gelte. Die wegen zahlreicher Massaker unter der Zivilbevölkerung gefürchteten paramilitärischen "Einheiten zur Selbstverteidigung Kolumbiens" (AUC) wurden nach 2004 aufgelöst. Mehr als 30.000 AUC-Mitglieder legten in öffentlichen Zeremonien ihre Waffen nieder.

Paramilitärs weiter aktiv

Inzwischen haben sich jedoch in den Provinzen Chocó, Arauca, Antioquia, Meta und Putumayo Nachfolgeorganisationen formiert, die ähnlich wie die früher landesweit agierenden AUC am Drogenschmuggel beteiligt sind. Die Justiz eröffnete bereits zahlreiche Strafverfahren gegen Politiker aus Uribes Lager wegen ihrer Kontakte zu den Paramilitärs. Sie waren in den 80er Jahren zunächst als Schutz wohlhabender Kreise gegen die linken Rebellen gegründet worden. Ihnen werden auch Dutzende Morde an Gewerkschaftern vorgeworfen.

Allerdings gebe es auch einige Lichtblicke bei der Wahrung der Menschenrechte, schrieb Amnesty. So gebe es weniger Entführungen als früher und die Sicherheitslage habe sich in einigen Städten über die Jahre verbessert. Grundsätzlich leide die Zivilbevölkerung jedoch weiter unter dem seit mehr als 40 Jahren andauernden Konflikt und gerate immer wieder in das Kreuzfeuer von Sicherheitskräften, Paramilitärs und Rebellen.  (red/APA/dpa)