Diese Art des Geld-machens versteht jeder: Erwin Wagenhofers Dokumen-tation "Let's Make Money" verfolgt die undurchsichtigeren Formen der Geld- und Kapitalvermehrung.

Foto: Filmladen

Wien - Wenn man sich dereinst ein Bild davon machen wird wollen, wie sich ein Phänomen namens Globalisierung im Kino des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts widerspiegelte, dann wird man unter anderem die überraschende Feststellung machen, dass in Österreich überdurchschnittlich viele Dokumentarfilmer sich dieses Themas annahmen.

Einem von ihnen, dem Regisseur und Kameramann Erwin Wagenhofer, gelang auf diese Weise 2005 sogar eine Art Doku-Blockbuster: We Feed the World hieß sein Film über Nahrungsmittelproduktion. Im Ranking österreichischer Filme nach Zusehern im Kino rangiert er mit über 200.000 aktuell immerhin auf Platz zehn. Ende dieser Woche läuft nun Wagenhofers neue Dokumentation an: Let's Make Money lautet ihr Titel. In Zeiten globalisierter Finanzkrise, Bankenpleiten, Kursstürze entfaltet dieser (Vor-)Satz gleich einmal die erwünschte Ambivalenz.

Thema von Wagenhofers Film sind Geldflüsse beziehungsweise bestimmte finanztechnische Konstruktionen sowie politische Rahmenbedingungen, die diese ermöglichen. Und zwar im Sinne des Profits Einzelner und zum Nachteil vieler, die durch ihre Arbeitsleistung oder über ihre Steuern entscheidend zu diesen Profiten beitragen, während sie selbst oft kaum ihr Überleben sichern können.
Selbstentlarvung

Der Film tritt an, diese ebenso komplizierte wie überbordende Thematik in Form konkreter Fallbeispiele darzustellen. Allerdings muss er dabei - im Sinne seiner eigenen Ökonomie - raffen und zuspitzen. Das führt zu entsprechend plakativen Bildern: Ein Riesen-Billboard wirbt für ein Büroidyll direkt über einem indischen Slum an einem verdreckten Gewässer. Die "Armen" werden häufig nur angeblickt, bei ihren Tätigkeiten, in ihrem Lebensraum beobachtet. Manager, Wirtschaftsexperten, Politiker hingegen kommen auch vergleichsweise ausführlich zu Wort. Zwar dienen ihre Statements auch der Selbstentlarvung (etwa wenn ein "Investmentguru" jedwede ethische Verantwortung in Abrede stellt). Zugleich ist es offenbar aber auch ungleich schwerer, für ihre "immaterielle Arbeit" Bilder zu finden oder Zutritt zu jenen Sphären zu erhalten, in denen sich das eigentliche "Geldmachen" abspielt.

Insgesamt bleibt es in Let's Make Money also bei einem kursorischen Überblick. Dabei wünscht man sich nicht nur an jenem Punkt, an dem man erfährt, dass die Wiener Straßenbahnen Gegenstand komplexer Cross-Border-Leasing-Transaktionen sind, eine Vertiefung der Materie.

Weitere ähnlich brisante Themen gibt es in Wagenhofers Film genug: die Baumwollproduktion in Burkina Faso beispielsweise, die "spanische Immobilienblase" oder die Kapitalflüsse nach Jersey und in andere "tax havens". Jeder einzelne Fall gäbe Stoff für einen ganzen eigenen Film. In der relativen Kürze, in der Wagenhofer jeden dieser Fälle behandelt, bleiben diese dagegen mitunter auch ein bisschen nebulos.(Isabella Reicher, DER STANDARD, Printausgabe, 27.10.2008)