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Hochwasser in Hainburg (Niederösterreich) Mitte August 2002

Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Wien - Das Hochwasser vom August 2002 hat eine Schadenssumme von rund 1,14 Milliarden Euro an privaten Siedlungseinrichtungen in den am stärksten betroffenen Bundesländern Niederösterreich und Oberösterreich verursacht. Das errechneten Wissenschafter der "Plattform Hochwasser", ein Zusammenschluss von mehreren Abteilungen und Instituten der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien, im Rahmen einer am Donnerstag präsentierten Ereignisdokumentation der Katastrophe. Der Gesamtschaden in ganz Österreich beträgt laut WIFO 2,3 Mrd. Euro.

Die Forscher sind sich einig, dass Hochwässer wie das vom August 2002 nicht zu verhindern sind. So gab es während der Katastrophe am Kamp Wassermengen von 800 Kubikmeter pro Sekunde, ab 200 würde man schon von einem Jahrhunderthochwasser sprechen. Die so genannte "rechnerische Jährlichkeit" für ein derartiges Ereignis gibt Boku-Professor Helmut Habersack mit 2.000 bis 10.000 Jahren an.

Verflechtung von Flächenwidmung und Gefahrenzonen

Der Experte fordert, dass nicht nur Entscheidungsträger - etwa Bürgermeister - ihre Lehren aus der Katastrophe ziehen. Generell sollte die Bevölkerung besser über Naturgefahren aufgeklärt und etwa auf die Verflechtung von Flächenwidmung und Gefahrenzonen hingewiesen werden. "Wenn man unmittelbar hinter einem Hochwasserdamm baut, so bedeutet das nicht, dass man für alle Zeiten in absoluter Sicherheit ist", betonte der Experte.

An der Boku seien Simulationsprogramme, mit denen alle erdenklichen Hochwässer für einen bestimmten Ort simuliert und der Bevölkerung drastisch vor Augen geführt werden könnten. Es sollte klar sein, dass Überschwemmungen immer passieren können. Die Anstrengungen sollten nicht nur sein, die Katastrophen zu vermeiden, sondern auch im Fall des Falls damit umgehen zu können. Generell bräuchten die Flüsse mehr Platz, dann gebe es auch weniger Schäden bei Hochwässern.

Entscheidungsstrukturen diskutieren

Habersack möchte in diesem Zusammenhang auch die Entscheidungsstrukturen bei den Baugenehmigungen diskutiert wissen. Es sollte überlegt werden, ob die derzeitige Kompetenz der Bürgermeister nicht auf eine höhere Ebene - Bezirk oder Land - transferiert werden. "Verweigert ein Bürgermeister eine Baugenehmigung, so muss er ganz konkret um Stimmen bei der nächsten Wahl fürchten, Bezirks- oder Landesbehörden stehen weniger unter diesem unmittelbaren Druck", erklärte der Wissenschafter.

Hinweise auf extreme Wetterereignisse

Für die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb von der Boku gibt es zwar noch keine zwingenden wissenschaftlichen Beweise, aber doch "deutliche Hinweise", dass sich extreme Wetterereignisse in Zukunft häufen und damit Überschwemmungen zunehmen könnten. "Wir befinden uns in einer Phase eines Klimawandels, so viel steht fest, und in solchen Zeiten nehmen gewöhnlich auch die Extremereignisse zu", so die Wissenschafterin. Außerdem bedeute die Erderwärmung mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und damit auch mehr Niederschläge.

Die Initiative "Plattform Hochwasser" sei als Beitrag der Boku gedacht, wie Universitäten auf unmittelbar anstehende Probleme des Landes reagieren könnten, sagte Boku-Rektor Leopold März. Dabei würden Fachleute der verschiedensten Disziplinen an Problemen arbeiten, es sollten möglichst alle Probleme beleuchtet werden, von einzelnen technischen Hochwasserschutzbauten bis hin zur Raumplanung. (APA)