Wien - "In unserem Kulturkreis wird nicht geprügelt." Mit diesen Worten verurteilte Richter Hans-Peter Januschke Mittwoch im Wiener Landesgericht eine junge Mutter, eine gebürtige Türkin, die ihre Tochter geschlagen hatte, zu einer drakonischen Strafe: neun Monate Haft, drei davon unbedingt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Frau war mit 17 zur Heirat gezwungen worden. Weil ihr Ehemann sie und ihre drei Kinder unter anderem mit einem Nudelwalker schlug, ließ sie sich scheiden. "Danach war ich nervlich so fertig", sagte die Frau. Daher sei ihr einmal die Hand ausgerutscht, als ihre sechsjährige Tochter zu laut war und die Nachbarn mit der Polizei drohten. Einer Lehrerin fielen die blauen Flecken auf, worauf Anzeige erstattet wurde. "Mir sind die Nerven durchgegangen. Es tut mir furchtbar Leid", bedauerte die Mutter nun.

Gegenüber nationalsozialistischer Ideologie "nicht ablehnend"

Als ihr Verteidiger diese Hintergründe beleuchten wollte, stieß er beim gestrengen Richter Januschke auf taube Ohren: "Der Mann ist nicht angeklagt. Ich lasse diese Fragen nicht zu." Januschkes Prozessführung sorgte in JuristInnenkreisen bereits früher für Empörung: Im Jahr 1996 wurde er aus der Österreichischen Richtervereinigung ausgeschlossen, weil er damals in einem Wiederbetätigungsprozess den Eindruck erweckt haben soll, "der nationalsozialistischen Ideologie nicht ablehnend gegenüberzustehen". (APA, red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.3. 2003)