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Der Chef der Bau Holding Strabag AG, Hans Peter Haselsteiner

Foto: APA/Jaeger

Wien - Österreichs größter Baukonzern, die Bauholding Strabag um den Kärntner Industriellen Hans-Peter Haselsteiner, will der Wiener Börse den Rücken kehren. Das Unternehmen kündigte am Donnerstag überraschend eine Abspaltung des Streubesitzes (8,6 Prozent) an. Die Kleinaktionäre sollen mit 70 Euro pro Aktie abgefunden werden, danach werde die Gesellschaft von der Wiener Börse zurück gezogen. Als Begründung für seine Entscheidung gab Haselsteiner an, die Notiz an der Wiener Börse habe sich "nicht als taugliches Instrument" für die Aufbringung von Eigenkapital erwiesen, schloss aber eine längerfristige Rückkehr an eine europäische Börse nicht aus.

Darüber hinaus seien Akquisitionen oder Kapitalverflechtungen ohne eine Notiz an der Börse leichter zu bewältigen, die Gesellschafter könnten in solchen Fällen "blitzartig entscheiden". Haselsteiner "beschwor" aber, dass derlei nicht in unmittelbarer Zukunft anstehe. Man wolle das Publikum in Zukunft als Anleihezeichner an das Unternehmen binden, erklärte der ehemalige liberale Spitzenpolitiker. Bei der Schilderung der mangelnden Attraktivität der Aktie zählte Haselsteiner sowohl allgemeine Faktoren wie mangelndes Investoreninteresse an Bauaktien als auch besondere Nachteile auf dem Börseplatz Wien auf.

Deutscher Streubesitz bleibt

Der Streubesitz der deutschen Tochter Strabag-Köln werde zunächst bestehen bleiben, seine Reduktion unter den derzeitigen Anteil von 35 Prozent bezeichnete Haselsteiner aber als zunächst "wahrscheinlicheren Weg". Nach der Schaffung einer europäischen Aktiengesellschaft sei eine gesamteuropäische Notierung etwa in Frankfurt mit einem Zweitlisting in Wien durchaus möglich, sagte der Bauholding-Konzernchef.

Eine Erhöhung des geplanten Abfindungsofferts schloss Haselsteiner aus. Angesichts der "Verfassung der Bauindustrie" sei es "ohnedies an der oberen Grenze" und "anständig gegenüber den Aktionären".

Nachbesserung gefordert

Anlegerschützer Wilhelm Rasinger bezeichnet die Höhe des angekündigte Übernahmeangebots für Bauholding-Aktionäre dagegen als "Untergrenze" und will eine Nachbesserung auf 75 bis 80 Euro auf dem Verhandlungsweg erreichen.

Heimische Analysten sehen aber kaum Chancen auf eine Erhöhung des Angebots, da mit den Großaktionären bereits mehr als 90 Prozent der Aktionäre ihre Zustimmung angekündigt haben. Einig sind sich die Experten darüber, dass der sich abzeichnende Abgang des Baukonzerns einen "großen Verlust" für die Wiener Börse darstellen würde.

Unveränderte Verhältnisse

Das Verhältnis der beiden großen Aktionärsgruppen - einerseits die Industriellenfamilien Haselsteiner, Soravia und Lerchbaumer mit einer hauchdünnen Mehrheit, andererseits Raiffeisen-UNIQA - soll durch den Aufkauf des Streubesitzes nicht verändert werden. Nach Ablöse des Streubesitzes werden UNIQA und die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien an der Bauholding Strabag - wie bisher an der Eigentümerholding Bibag - gemeinsam knapp unter 50 Prozent beteiligt sein, teilten die beiden Unternehmen mit. Haselsteiner ließ am Donnerstag keinerlei Neigung erkennen, die Kontrollmehrheit abzugeben.

Seit Mitte vergangenen Jahres hatte sich der Kurs der Aktie von 35 Euro beinahe verdoppelt, was Haselsteiner auf die "umfangreichen Kaufprogramme" der Alteigentümer zurückführte. Die Aktie notierte gegen 16.00 Uhr am Donnerstag um 18,25 Prozent höher bei 69 Euro, das heißt knapp am Abfindungsangebot.

Die Bauholding Strabag ist nach eigenen Angaben der sechstgrößte europäische Baukonzern. Er erreichte 2002 mit knapp 31.000 Mitarbeitern eine Bauleistung von 5,27 (5,31) Mrd. Euro. Haselsteiner erwartet für 2002 ein positives Ergebnis, das freilich wegen der erstmaligen Bilanzierung nach IAS nicht mehr unmittelbar mit dem Vorjahresergebnis vergleichbar sein soll. (APA)