Sie traten am Mittwoch schon (fast) wie Kanzler und Vizekanzler auf: Die Parteichefs Werner Faymann (SPÖ) und Josef Pröll (ÖVP) präsentierten nach dem Ministerrat die "Mittelstandsmilliarde".

Foto: Standard/Matthias Cremer

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SPÖ-Chef Werner Faymann hat am Mittwoch einen Standard-Bericht vom Vortag bestätigt, wonach der Staat im Fall eines Scheiterns des AUA-Verkaufs mit "viel Geld" einspringen wird müssen. Die Rede ist von einer Kapitalerhöhung in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro. Noch aber sei der Verkaufsprozess im Gang, der Zeitplan weiter aufrecht, versicherte die Staatsholding ÖIAG, die knapp 43 Prozent an der AUA hält. Doch einen Notverkauf ohne finanzielle Gegenleistung will die SPÖ unter allen Umständen verhindern.

Die Lufthansa, die als einzige Airline ein Angebot abgegeben hat, würde zwar eine Standortgarantie für die nächsten 30 Jahre bieten, verlangt im Fall der Übernahme aber staatliche Sicherheiten. Andernfalls wird ein Zuschuss zur Sanierung gefordert. Der Übernahmepreis wäre zunächst freilich gering und würde steigen, je erfolgreicher die AUA künftig wird.

Eigentlich wollte die Regierung am Mittwoch ihr Konjunkturpaket preisen, doch das drohende Scheitern des AUA-Verkaufs lenkte die Aufmerksamkeit der Journalisten ab. Erst verwiesen die Regierungskoordinatoren und Parteichefs Werner Faymann (SP) und Josef Pröll (VP) auf die Zuständigkeit der Staatsholding ÖIAG, die dann bekanntgab, am Zeitplan festhalten zu wollen (sie will am Montag eine Entscheidung treffen). Auf Nachfrage war Faymann dann doch zu entlocken, dass der Staat beim Platzen der Privatisierung einspringen müsse.

Und zwar in Form einer Kapitalerhöhung durch die Republik, wie der Verkehrsminister erklärte. Nachsatz: "Dann kostet es viel Geld." Das glauben auch Luftfahrtexperten, die den Kapitalbedarf des Konzerns auf bis zu 500 Millionen Euro schätzen. Sollte die ÖIAG dafür aufkommen müssen, würde ihr die AUA fast zur Gänze gehören. Auch der Unternehmer und Faymann-Berater, Ex-Finanzminister Hannes Androsch, argumentiert in diese Richtung: Wenn die Regierung schon 100 Milliarden Euro zur Rettung der Banken bereitstelle, dann sollte die ÖIAG auch für die AUA Geld in die Hand nehmen. Seit Jahren sei das Agieren der Staatsholding unverantwortlich, weil Werte vernichtet worden seien.

Kranich garantiert Standort

Um die Verstaatlichung zu vermeiden, wird nach wie vor auf die Lufthansa gesetzt. Über das Interesse der Deutschen gibt es derzeit widersprüchliche Informationen. Reuters zitierte am Mittwoch Experten, wonach der Kranich nur aus "taktischen Gründen" am Verkaufsprozess teilnehme, nämlich, um Air France-KLM nicht das Feld zu überlassen. Einer AUA-Übernahme werde die Lufthansa nur zum Nulltarif und bei vorheriger Entschuldung zustimmen.

Aus der Lufthansa selbst ist – eventuell ebenfalls aus taktischen Gründen – Gegenteiliges zu hören. Demnach gebe es bereits ein verbindliches Offert, zudem würden die Deutschen massiv in die rotweiß-rote Airline investieren, ist zu hören. Der Kaufpreis solle "erfolgsabhängig" gestaltet werden, also in Abhängigkeit der Ertragsentwicklung.

Für heuer erwartet die AUA offiziell einen Verlust von 125 Millionen Euro, Insider gehen von einem höheren Verlust aus. Nicht verzichten wollen die Deutschen allerdings auf staatliche Sicherheiten, nämlich für die drohenden Wertberichtigungen der Flugzeuge und die hohen Pensionsansprüche der Piloten. Sollte es keine Garantie seitens des Staates geben, pocht man auf eine einmaligen Zuschuss für die Restrukturierung. Das Ganze soll sich – so glauben die Lufthanseaten – für Österreich auszahlen, weil im Gegenzug eine 30-jährige Standortgarantie geboten werde. Zudem wird eine Erneuerung der Flotte in Aussicht gestellt, heißt es in Frankfurt.

Gleichzeitig spielt ein Lufthansa-Manager die Konsequenzen eines Zuschlags an die Air France durch: Dann würden die Deutschen bei Niki einsteigen und die AUA mit niedrigeren Kosten frontal angreifen. Die Lufthansa könnte allerdings – ebenfalls wie die vorerst abgesprungene Air France-KLM – noch mehr Zeit benötigen. Weshalb eine Verschiebung der Entscheidung am Montag um zwei Monate auch als Option gilt. Paris verlangt unter anderem, dass die ÖIAG die Verträge der AUA mit der Star Alliance herausrückt, was aus Konkurrenzgründen nicht bewilligt wird. Die Star Alliance wird von der Lufthansa angeführt, die wiederum mit den Österreichern auf der wichtigen Deutschland-Strecke kooperiert. Die russische S7 könnte im Fall einer Fristerstreckung wieder einsteigen, heißt es.

Die Tage von AUA-Chef Alfred Ötsch sind so oder so gezählt. Nachdem er die Fluglinie im Frühling als saniert bezeichnet hatte, musste er ständig den Verlust nach oben revidieren. Auch betreffend den Verkaufsprozess war er vor kurzem noch euphorisch: "Die Großen und Starken sind dabei – alle", sagte er im September. "Sehr professionell war das nicht", kommentiert Faymann die Performance. (as, cr, kh) /DER STANDARD, Printausgabe/red, 22.10.2008)