Nowotny epfiehlt Anlegern, den derzeitigen Sturm abzuwarten und ihr Geld zunächst einmal auf ein gebundenes Sparbuch zu legen.

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Wien - Notenbank-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny erwarte sich von den von den USA und Europa geplanten Welt-Finanzgipfeln kein neues, einheitliches Weltwährungssystem a la Bretton Woods II. "Ganz ehrlich, ich bin ein bisschen skeptisch, ich erwarte mir eher, es wird ein System mit mehreren Schwerpunkten sein", sagte Nowotny heute, Sonntag, in der ORF-Pressestunde.

In Zukunft werde es eine "tripolare" Welt mit flexiblen Währungskursen geben, erwartet Nowotny. Der US-Wirtschaftsraum und die US-Währung, der Dollar, werden weiterhin wichtig bleiben, der Euroraum werde aber wichtiger und der Euro ebenfalls eine Weltwährung werden. Als dritter Pol werde der asiatische Bereich dazukommen. Jede Koordinierung sei aber positiv zu sehen, die Interessenslagen der Wirtschaftsräume seien aber ziemlich verschieden.

Nowotny sieht keine Notwendigkeit, das auf die Inflationsbekämpfung fokussierte Mandat der Europäischen Zentralbank (EZB), etwa Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, zu verbreitern. Die vorsichtigere Politik der EZB gegenüber der US-Notenbank Fed habe sich absolut bewährt. Es gebe auch keine Möglichkeit dazu, da dies Teil der Europäischen Verträge sei. Die EZB sei zudem nicht der einzige Akteur der Wirtschaftspolitik. Finanzpolitik sei Aufgabe der Finanzminister der jeweiligen EU-Länder, deren Koordinierung schwieriger sei. Mit dem EU-Bankenpaket sei eine wirkungsvolle Koordinierung gelungen, die aber weiter eine Herausforderung der europäischen Wirtschaftspolitik bleibe.

"Kein Vergleich" mit 30er Jahren

Die aktuelle Finanzkrise könne mit den 30er Jahren überhaupt nicht verglichen werden, die Krise damals sei viel dramatischer gewesen, so Nowotny weiter. Die Welt und die Notenbanken hätten aus den damaligen Fehlern gelernt und intensiv eingegriffen. Der wirtschaftliche Abschwung sei nach zuvor selten gesehenen sechs Boomjahren in gewisser Weise keine außergewöhnliche Entwicklung. Nowotny zeigte sich überzeugt, dass es wieder zu einem Aufschwung kommen wird.

Zu den wichtigsten Aspekten einer Neuregelung der internationalen Finanzmärkte zählt für den OeNB-Gouverneur die Frage der Regulierung der Banken - wie viel Eigenkapital müssen die Banken halten, was sind die Sicherheitsstrukturen der Banken. Diese Regeln müssten international einheitlich sein. Bisher hätten sich die US-Banken diesen Regeln entzogen.

Weiters gehe es um die Bewertungsfrage: nach welchen Regeln müssen Bilanzen erstellt werden. Auch diese müssten einheitlich sein. Auch die Rolle der Ratingagenturen, die zuletzt eklatant versagt hätten, sei zu verbessern. Sie müssten seriöser gemacht werden, ihre Rolle klar definiert werden.

Nächstes Jahr nur mehr 1 Prozent Wachstum

Ein Vorziehen der Steuerreform wäre eine Möglichkeit, die schwächelnde Konjunktur zu beleben, sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, heute, Sonntag, in der ORF-Pressestunde. Sinnvoll wäre es etwa, konsumwirksame Maßnehmen rascher umzusetzen. Ein zusätzlicher heikler Punkt sei die Bauwirtschaft.

Die Vorschläge von Wifo-Chef Karl Aiginger "erscheinen sehr vernünftig", so Nowotny. Aiginger hatte vor einer Woche unter anderem vorgeschlagen, zur Bekämpfung der Finanzkrise vorübergehend die Maastricht-Kriterien auszusetzen und eine weltweite Finanztransaktionssteuer einzuführen.

"Wir rechnen nächstes Jahr für Österreich mit deutlich geringerem Wachstumsraten von nur mehr einem Prozent", so der OeNB-Gouverneur. Primär sei dies eine internationale Entwicklung, und Österreich stünde damit noch besser da als andere Staaten. Allgemein werde erwartet, dass schon im Frühjahr oder Halbjahr 2009 der Bereich Finanzmarktproblematik unter Kontrolle ist. Dann gebe es noch das Problem des realwirtschaftlichen Sektors. "Die Wachstumsraten 2009 werden deutlich unter 2008 liegen", so der Gouverneur.

"Sonderfall" Constantia-Rettung

Die Rettung der Constantia Privatbank (CPB) bezeichnete Nowotny als "Sonderfall". Sie sei aufgefangen worden, um den Finanzplatz Österreich international abzusichern und habe mit der allgemeinen Lage der heimischen Banken nichts zu tun. Der Eigentümer habe als Gegenleistung die Eigentumsrechte abtreten müssen. Die generelle "Schutzimpfung" für die Banken durch das am Montag zu beschließende Bankenpaket sei etwas anderes, sei Teil einer gesamteuropäischen Koordination.

Die österreichischen Spareinlagen seien absolut sicher, betonte Nowotny einmal mehr, nicht nur wegen der Einlagensicherung, sondern auch wegen dem sicheren heimischen Bankensystem. Auch die Pensionen in Österreich seien insgesamt sicher.

Einer der wichtigsten Inhalte des Bankenpaketes stellt für Nowotny die Verbreiterung der Kapitalbasis der Banken dar. "Wir werden höhere Kapitalquoten, höhere Sicherheiten verlangen", kündigte der Gouverneur an. Wenn dies von der Eigentümerseite her nicht möglich ist, durch Kapitalspritzen des Staates mit der Gegenleistung erhöhter Einflussrechte, etwa bei der Höhe der Managergehälter.

Nowotny sprach sich für einen Verzicht der Manager auf Boni bei schlechter Leistung aus. Generell könne der Staat privaten Unternehmen aber keine Gehaltsvorschriften setzen, bei Staatshilfe aber sehr wohl. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) sollte Eingreifen können, wenn es hohe Ausschüttungen an Eigentümer gibt. "Bei Gefährdung des Unternehmens sollte für die Zukunft klar gemacht werden, dass das von uns nicht akzeptiert wird", so Nowotny.

Im Zusammenhang mit Fremdwährungskrediten empfiehlt Nowotny den Betroffenen, sobald als möglich mit ihrer Bank zu reden. Allgemein sei es sinnvoll, in einen Euro-Kredit umzuschichten.

Kreditstau befürchtet

Einer der Hauptgründe für das große Bankenpaket sei zu verhindern, dass es zu einem Kreditstau kommt. Derzeit sei es schon für kleine und mittlere Betriebe schwieriger, zu Krediten zu kommen. Die EZB-Zinssenkung würde sich noch nicht auf die Kreditzinsen durchschlagen, Kredite würden aber wieder billiger werden. Das Hauptproblem sei das nächste halbe Jahr. Ein Moratorium für Kreditnehmer, wie von der Grünen-Chefin Eva Glawischnig vorgeschlagen, wollte Nowotnoy nicht befürworten: "Es hat keinen Sinn, für eine Seite etwas gutes zu tun, man muss immer beide Seiten betrachten".

Im Zusammenhang mit den verstärkten Marktauftritten von Sparbanken, die nicht der österreichischen Einlagensicherung unterliegen, kündigte Nowotny an, dass die heimischen Banken künftig explizit darauf hinweisen dürfen, dass sie der österreichischen Aufsicht und Einlagensicherung unterstehen.

Generell empfiehlt Nowotny Anlegern den derzeitigen Sturm abzuwarten und das Geld zunächst einmal auf ein gebundenes Sparbuch zu legen. Auch Staats-, Banken- oder Wohnbauanleihen seien interessant, je nach Laufzeit. Die Entwicklung bei den Pensionskassen mit Aktienanteilen müsse man längerfristig sehen. Vorher hätten sie hohe Zuwächse gehabt.

Für die Nationalbank wäre es sinnvoll, höhere Eigenmittel zu haben, um besser Interventionsmöglichkeiten zu haben. Dazu könnte es zum Beispiel durch geringere Ausschüttungen an den Staat kommen. Auch über den Abbau der Goldreserven könne diskutiert werden. "Wir haben Interesse, dass die OeNB wieder eine stärkere Eigenkapitalposition hat", so Nowotny. (APA)