Washington/Den Haag - Eine Liste mit irakischen Kriegsverbrechern haben die USA bereits jetzt, im Vorfeld eines möglichen Irakkriegs, vorbereitet. Damit stellt sich für Washington aber auch die Frage, ob mit den Tätern später ein internationales Tribunal befasst werden kann. Dem Internationalen Strafgerichtshof, der in zwei Wochen in Den Haag feierlich eröffnet wird, sind die USA nach wie vor nicht beigetreten.

Die Kriegsverbrecherliste, deren Existenz nun bekannt wurde, ist Teil einer Datenbank von rund 2000 irakischen Regimeangehörigen, die Washingtons Geheimdienste im Visier haben. Die Zielpersonen sind darin in drei Gruppen aufgeteilt: Zum ersten die engsten Mitstreiter von Saddam Hussein, die als Kriegsverbrecher zu belangen sind. Zum zweiten mögliche Kollaborateure. Zum dritten Personen, die als interne Opponenten des Regimes gelten und wegen ihrer speziellen Fähigkeiten in einer Nachkriegsregierung gefragt sind.

Zuständigkeit unklar

Sollte es zur Festnahme der potenziellen Kriegsverbrecher kommen, müssten die USA entscheiden, wie diese abgeurteilt werden könnten. An völkerrechtlichen Straftatbeständen mangelt es nicht - so könnten die früheren Giftgaseinsätze gegen Kurden und Schiiten als Völkermord betrachtet werden.

Fraglich ist allerdings, welches Gericht zuständig wäre. Dem Statut des neuen Haager UN-Tribunals, das unter anderem für solche Arten von Verbrechen geschaffen wurde, sind weder der Irak noch die USA beigetreten. Das muss Washington allerdings nicht hindern, den Strafgerichtshof zu befassen: Nach dessen Statut können auch Nichtvertragsstaaten seine Jurisdiktion im Einzelfall anerkennen. Freilich müsste auch das neue Regime in Bagdad dies tun.

Wahrscheinlicher wäre daher, dass die UNO auf Drängen der USA - wie 1993 im Falle Jugoslawiens und 1995 für Ruanda - einen "Ad-hoc-Gerichtshof" ausschließlich für den Irak errichtet. Das Statut des neuen Haager Tribunals verhindert dies nicht. (DERSTANDARD, Printausgabe, 27.2.2003, Jörg Wojahn)